publié le 31 janvier 2015

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Anne. Kiel 2014.
Anne. Kiel 2014.

Es ist Arbeit. Eine schöne Arbeit. Wenn Du so ein paar Punkte beachtest. DER Punkt aller Punkte : Das Wesen da vor Dir, auf der anderen Seite der Kamera, das ist jetzt die wichtigste Person auf diesem Planeten. Du bist es nicht. Und wenn Du da siebenundzwanzig mal Geld für gezahlt hast und «die da vorne zu machen hat, was ich ihr sage». Hat sie nicht. Werd Dir darüber klar. Hat nichts mit good guy bad guy zu tun, sondern mit Pfeife und Respekt.

Deshalb fang ich mit Punkten an, die (professionelle) Models ganz gerne vom Knipser erwarten, damit sie ihren Job anständig ausführen können. Der Rest ergibt sich von alleine. Hoffe ich. (Professionelle Models erwähn ich aus dem Grunde, weil ich es von denen aus vielen Gesprächen weiß. Im Gegensatz zu den «unbedarften» reden die nämlich recht offen über solche Sachen. Wenn sie gefragt werden. Respekt und Neugierde des Typen mit der schwarzen Kiste um den Hals.)

Erzähl ganz zu Anfang, aus welcher «Sicht» Du Richtungsangaben machen wirst; aus Sicht des Models oder aus Deiner oder ob Du das mit Deinen Händen dirigieren möchtest. (Das hältst Du bitte während des ganzen shoots auch durch, ja?)

Dann erklärst, was tilt, turn, bend, curl für Dich bedeutet. Die selbe Sprache zu sprechen, ist wichtig und vermeidet völlig überflüssige und vor allem vermeidbare Missverständnisse.

Für die Nichtengländer:

  1. tilt: abkippen, neigen, schwenken, kippen
  2. Nur der Vollständigkeit wegen tilt over: sich zu etwas hinneigen
  3. turn: drehen, herumdrehen, umdrehen, wenden
  4. bend: biegen, knicken, abwinkeln, krümmen
  5. auch nur aus Gründen der Vollständigkeit bend down: bücken
  6. curl: winden, kringeln, kräuseln, einrollen
  7. toe-curling: toe-curling bedeutet peinlich 😉 Kleiner Scherz am Rande.

Erzähl, was Du während der nächsten Aufnahme(n) vorhast, ob Ganzkörper, Kopf / Schultern, aufwärts Hüfte usw. Es wird dem Model helfen, selbst darauf zu achten, was Dir wichtig sein wird. Außerdem können die total irre den Oberkörper verdrehen, wenn sie wissen, dass die Füße sozusagen auf dem Boden festgenagelt werden dürfen. Ganzkörperbilder machst bitte von Dir aus aus einer tiefen Position. Es wird kein Mensch danach fragen, wie Du da unten ausgesehen hast, aber die Proportionen des Gegenüber sind einfach der Hammer. Und laß das 35mm in der Tasche, wenn Du headshots machst. Sie hassen es. Nicht nur, dass Du ihnen deutlich über Gebühr auf die Pelle rückst, sondern die perspektivischen Eigenheiten. Zudem sehen extrem betonte Wangen- und Kinnlinien meistens schlicht unvorteilhaft aus. Und hör auf, darüber lamentieren zu wollen; 35mm ist ausserhalb fun nichts für nah ran.

Zeig dem Model gegebenfalls mit Bildbeispielen, was Du gerne machen würdest; ob Du einen speziellen Look, ein besonderes Gefühl oder eine besondere Stimmung wünschst. Es kann sich dann besser darauf vorbereiten bzw. sich selbst leichter in die entsprechende Stimmung reinversetzen, wenn es ernst wird. Merkst Du, dass es mit einer Beschreibung einer Pose nichts anfangen kann, mach die Pose vor. Sie wird sich selber auch nicht so doof vorkommen, wenn sie die Pose nachstellt. «Mirroring» nennen wir sowas.

Kommunizier, was Du planst, mit dem Bild. Dein Konzept. Gesichtsausdruck, wo die Hände wie positioniert sein sollten, in welche Richtung es wie gucken möchte. Es sind diese kleine Direktionshilfen, die es dem Model ermöglichen, selber zu visualisieren, wie es nachher aussehen soll. Im Grunde genommen wissen sie, wie sie wirken, aber helfen tut es immer.

Vermeide zu krasse «Gefühlsregungen» direkt hintereinander. «Verlange» von Bild zu Bild eher nur kleine Veränderungen in der Haltung von Kopf, Körper, Hand, dem Blick, Hüftwinkel. Das wirkt sich ungemein arbeitserleichternd aus, nicht von «total erfreut» auf «tiefsten Schmerz» von jetzt auf gleich umschalten zu müssen.

Sprich mit dem Model. Dieses ist ein Punkt, der im Eifer des Gefechtes immer wieder deutlichst unterschätzt wird. Halt es bei Laune. Gib feedback. Es ist für die Mädels immens schwer, nachzuvollziehen, ob es nun «gut» war oder nicht, wenn von hinter der Kamera kein feedback kommt. Und wenn es «nur» in die Richtung geht «Jaaa, so bleiben, bleib so, bleib so, bleib so …». Besser, als stumm nur mit der Kamera und sich selbst beschäftigt zu sein. Mach Späße. Mach Dich notfalls zum Clown, aber werd nicht zuuu albern. Wenn es Dir Deine Bilder bringt, ist das völlig in Ordnung. Die Mädels lieben es in der Regel auch, wenn sie mit jemandem zusammenarbeiten, der lachen kann. Auch über sich selbst. Du hast einen Geschmack und vor allem eine Meinung. Teil es dem Model mit, ob Dir ein look, die Haare oder ein outfit egal sind oder nicht. Kenn das Metier. Wenn Du z.B. Mode fotografieren willst, hab Ahnung von Mode. Wenigstens ein bisschen. Mach Deine Hausaufgaben und studier, verinnerliche die aktuellen Trends und Styles. Wenn das Model das Gefühl bekommt, dass Du mit Deinem Kram unglücklich bist, wird es nicht zur Höchstform auflaufen können. Good energy = good results. Simple as that.

Francesca. Pesaro 2012
Francesca. Pesaro 2012

Überleg Dir ein Standardrepertoire an lobenden Adjektiven und wende es auch an. Sie mögen es, wenn sie feedback bekommen. «Fabelhaft, brillant, Kinn ein klein wenig höher bitte, exzellent, toll, großartig». Aber übertreib es nicht, sonst kommen sie sich völlig zu Recht veräppelt vor. Du bist ein richtg cooler Typ, wenn Du da eine Balance findest, die sich locker auf der Grenze zwischen «push it to the limits, baby, yeah, you’re gorgeous» und «das könnte jetzt einer zu viel gewesen sein» bewegt. Sie werden Dich lieben, dafür.

Fass das Model nicht an, wenn es das selbst nach Ansage nicht möchte. Auf gar keinen Fall! Wir sind im 21. Jahrhundert, jeder verklagt jeden wegen nichts. Sorg lieber dafür, dass für das Model vertrauensvolle Personen mit dabei sind. Die «an es ran dürfen». Stylisten, Haarkünstler usw. sind Ausnahmen. Es ist deren Job, Hand anzulegen. Das Model weiß das und läßt es zu. Außerdem sehen die Make-up artists auch so lustige Sachen wie unterm Kleid oder der Kurzarmbluse vorkrabbelnde BH-Träger. Oder die Waschzettel im Kragen, die gerne mal keck hervorlugen.

Sorg für eine angenehme Arbeitsatmosphäre. Lass «ihre» Musik laufen, das lockert auf. Generell paßt die Mukke zum shoot. Also, spannungsgeladene fashion verlangt eine etwas andere Richtung und Geschwindigkeit, als verträumtes boudoir. Verstehst, wo ich drauf rauswill? Prima!

Sorg für ausreichend Getränke am Set, vor allem, wenn es warm ist. Für Erfrischung. Händewaschen. Für einen kleinen (!) Happen zu essen (Groß ausführen kannst es nach getaner Arbeit, wenn Du das unbedingt möchtest 😉 ).

Sorg dafür, dass das Model sich nicht unter Deinen Blicken oder gar den Blicken der Öffentlichkeit bei Außenshoots umziehen muss, sondern «für sich» bleiben kann, dabei. Intimsphäre. Unterschätz das nicht. Ausnahmen gibt es, aber geh da nicht von aus.

Magdalena. Anvers 2012.
Magdalena. Anvers 2012.

Pass auf Dein Model auf, vor allem, wo es hintritt. Die sind während der Arbeit sehr auf Dich und Deine Kamera konzentriert. Du weißt, was sich hinter ihr befindet, damit sie auch nachher noch arbeiten kann.

Fotografier ein Outfit / einen Look nicht zu Tode. Es ist Zeitverschwendung, ein und dieselbe Garderobe eine Stunde lang zu beackern. Mach ein paar Bilder, konzentrier Dich auf Deine Sachen und dann geh über zur nächsten Pose oder Einstellung. Für das Portfolio z. B. reicht ein gutes Bild eines Outfits. Eines. Echt jetzt.

Spiel nicht nur mit den Klamotten und Frisuren, sondern auch mit dem Licht. Riesenoctabox recht frontal sieht irre geil aus. Nur finden die Mädels es regelmäßig richtig scheiße, wenn sie die purpurnen Kringel, die sich da grad auf der Netzhaut bei ihnen einbrennen, die kommenden drei Tage nicht mehr loswerden. Das passiert, wenn sie da mehr oder weniger dauerhaft reingucken müssen. Dauerlicht ist eine andere Hausnummer, da scheint sich das Auge deutlich eher dran zu gewöhnen.

Das für das Model angenehmste Licht kommt übrigens von ungefähr 35° bis 40° oberhalb. Das für mich coolste Licht kommt aus Höhe des Ohres. Irgendwas ist ja immer. Leicht von oben ist halt sehr, sehr klassisch. Es funktioniert auch in aller Regel, ist auf Dauer aber schwer langweilig. Es sei denn, es wird ganz scharf begrenzt. Das Hollywood der 1930er und 1940er Jahre lässt freundlich grüssen.

Lass das Model alle zehn, zwanzig Bilder mit auf den Kamera- oder den angeschlossenen Monitor gucken (spätestens aber dann, wenn eine komplette Sequenz im Kasten ist – sie wollen es ja heutzutage alle immer gleich sehen, was Du da tust. Seuche. Aber nicht mehr zu ändern. Hat durchaus auch Vorteile, als Dinge in der Tat noch einmal eingehender besprochen werden können, sollte der Bedarf dazu bestehen.). Die ganz üblen Sachen drückst ganz ganz schnell weg, die wollen sie nicht sehen. Bekakelt gemeinsam die Dinge, die Euch gefallen und auffallen, vor allem die kleinen «Fehler». Das Model weiß dann, auf was es beim nächsten Anlauf besonders achtet. Und wenn es einen «run» hat und da selbst zaubert wie verrückt, lass sie machen. Unterbrich bitte nicht ihren flow. Das kann nur nach hinten losgehen. Vor allem dann, wenn sie nicht zum ersten Mal vor der Kamera rumturnt.

Don’t let the model stop moving.
– Patrick DEMARCHELIER

Wie erwähnt, das waren «Wünsche» aus professioneller Sicht. Hast Amateure da vor Dir, wird die Geschichte gleich doppelt hart. Du musst auf wirklich alles achten an Haltung und Auswirkungen und Schattenfall und wie was rausgearbeitet oder verborgen werden kann. Und Du darfst nahezu jeden von Dir gewünschten Ausdruck beschreiben. Bitte auf die einfühlsame Art. Echt. In der Regel wissen die einfach nicht, wie es aussehen soll (und wie es sich für sie selbst anfühlt), wenn beispielsweise die Aufforderung «und jetzt den Blick verlangend, lasziv» kommt. Während das geübte Model schlagartig guckt wie Marilyn Monroe oder Brad Pitt, wirst das bei Susi bis ins letzte Zucken erklären und wahrscheinlich auch vormachen dürfen. Sei geduldig und mach es einfach. Hilft Euch beiden weiter. Arschloch und Respekt. Da war was. Du willst gute Bilder? Vor der Kamera spielt die Musik.

Muriel. Amsterdam 2014.
Muriel. Amsterdam 2014.

Dann noch eine Kleinigkeit, weil wir ja ein einem modernen Zeitalter, unter anderem dem der spiegellosen Kameras leben. In ruhigen Umgebungen macht die sooo leise Auslösegeräusche, dass das Model das nicht mitbekommt. Das irritiert viele, weil die in der Tat auf das *klick* bzw. den sonstigen Lärm, den ein Spiegel verursacht, warten. Sag Bescheid, dass die Kiste keine Geräusche macht und sag auch, wann Du loslegst. Es hilft ihnen ungemein. Denn nicht «die da vorne», Du ganz allein bist verantwortlich, wenn es «irgendwie nicht funktioniert, mit den Models». Compris? DU bist dann der Depp.

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