

« No Such Thing as Never or Always » oder : Lernt denn heutzutage keiner mehr ?
Aus Gründen. Ein Hinweis vorweg : Wenn « Fotografie » für Dich dieses tolle Gefühl bedeutet, die Kamera in der Hand zu halten und dem Klacken und Rattern zu lauschen, dann wird dieser Artikel wahrscheinlich nichts für Dich sein. Kein Problem, das gibt es, die reine Freude am Werkzeug. Aber für mich sind Kameras und Optiken allerdings auch nur das. Werkzeuge. Mit denen ich mein Werk, ein Bild in die Tat umsetze. Allerdings sind die Werkzeuge nicht die Grundlage eines Bildes. Dem ist das völlig egal, womit es produziert wurde. Die Grundlagen von Bildern – und damit auch der Fotografie – sind andere. Und sie fehlen weitläufig. Sie werden nicht mehr gelernt. Viele wollen das auch überhaupt nicht lernen. Erschreckend.
Klar, die Art und Weise des Lernes als solches ändert sich seit ein paar Jahren gewaltig, dem Internet sei Dank. Aber wie vielen fehlt das, was sich landläufig « Überblick » nennt ? Ist tatsächlich fast alles, was da draussen als « gelungenes Bild » angesehen werden kann, eher ein Gückstreffer denn das Ergebnis konstanter Arbeit ? Experimentiert da keiner mehr an und in einem kleinen Bereich aus diesem grossen Topf, um Erfahrung zu sammeln ?
Ist das – und so kommt es mir langsam ebenfalls vor – alles nur noch eine Sache des stumpfen « der macht das so und so, so mach ich das jetzt auch und es wird schon irgendwie funktionieren » ? Es gibt kein « nur so oder so ». Es gibt Farblehre, Farbtheorie, die Psychologie von Farbe, Farbharmonie, Bildkomposition, Licht, Licht und noch einmal Licht – und die Schattenwürfe. Da ist nicht allzuviel dran zu rütteln … nur geht gerade dieses mehr und mehr den Bach runter und dabei ist es doch in meinen Augen und nach meinem Verständnis von Fotografie, vom Malen mit Licht fundamentales Grundlagenwissen. Welches vorhanden sein sollte, auf dem Weg zu guten Bildern, auf dem Weg raus aus der nichtssagenden Bilderflut (und hier haut das ausnahmsweise auch hin, wenn das – ganz hip und ohne weiteres Nachdenken, nur Nachplappern – auseinandergeschrieben würde: « nichts sagend ». Aber auch nicht schweigend. Einfach ein « Nichts » … ).
Videolearning ist toll – mit den richtigen Videos
Häppchenweises Lernen, wie viele (Video-)Kanäle im Netz das anbieten, das ist toll (phlearn zB ist eine grossartige Sache, gerade für Photoshop. Eine Fragestellung, 10 Minuten. Höchstens. Super.) Nur : Auch mit diesen Dingen kommst nicht klar, wenn nicht zumindest einige Grundkenntnisse in Ps vorhanden sind. Oder ? Komm, sei ehrlich … Siehst Du. Es braucht ein gewisses Fundament. Das « Problem » bei solchen Anbietern ist : die behandeln meistens ein bereits fertiges Bild. Die lehren Dich nichts über Gestaltung. Die ist schon gelaufen, lange bevor Du solche Filme anguckst. Die ist schon gelaufen, bevor Du den Auslöser drückst. Da liegt das Kind im Brunnen.
Mistbild ist Mistbild und bleibt Mistbild.
Egal, wie lange Du in Photoshop daran rumbastelst. Oder Du knipst nur Sachen für compositives zusammen. Dann will ich nichts gesagt haben, dann ist das Ausgangsmaterial eigentlich recht egal. Und Dein Endergebnis ? Das gehorcht ganz blöde auch den grundsätzlichen Regeln der Gestaltung, damit es so richtig zur Wirkung kommt. So ein Mist aber auch. Hat der mich schon wieder erwischt. Joa. Kannst mal sehen. Dreht sich alles im Kreis. Völlig egal, wo Du aufspringst. Bildern, die « funktionieren » liegen gewisse Sachen zugrunde, damit sie eben das tun. Funktionieren. Das an den Betrachter weitertragen, was Dir wichtig war. Es ist der Werkzeugkasten, über den sich die meisten Informationen « besorgt » werden. Forsche nach den anderen Seiten. Nicht über die blöden Foren, da versteht nur ein verschwindend kleiner Teil der Nutzer was von Bildern. Wirf eine Suchmaschine an. Caravaggio. Rubens. Vermeer. Chiaroscuro. Bildkomposition. Das sind Deine Stichworte. Versuch das auch mit englisch, die Trefferquote wird steigen. Nicht zu knapp. Und lass Drittelregel und Goldenen Schnitt links liegen.
Kratz nicht nur an der Oberfläche. Tauch ein, in die zauberhafte Welt. Bitte. Es ist nicht alles als junk-food zu konsumieren. Manchmal musst halt richtig kauen. Folge Verweisen und Querlinks, schlag Sachen nach, die Dir nicht auf Anhieb klar sind. Setz Dir bookmarks, damit Du da wieder hinfindest … Ich sehe das an den Zugriffszahlen hier auf meinem blog. Die « Portrait basics » werden gelesen, wie verrückt. Die anderen Artikel, vor allem die vom und über das Licht, die führen ein Schattendasein. Doof nur, dass da Dinge geschrieben stehen, die Dich und Deine Fotografie derart beeinflussen könnten, dass Du wie von Zauberhand aus der Masse der Knipser ragen könntest. Einfach nur mit Wissen. Und natürlich üben, üben, üben 😉 . (Gleiches gilt in erschreckendem Ausmass auch für solche profanen Dinge, wie die ordentliche Vorbereitung eines shoots oder den Umgang mit dem model. Du als « Menschenfotograf », Du bist nicht die Hauptperson. Das Wesen da vor der Linse, das ist Hauptperson. Und Hauptobjekt. Will ganz offenbar kaum jemand lernen. « Halts Maul und sei hübsch ! » 😯
Dass die Ergebnisse dann entsprechend fehlerbehaftet sind, das wundert überhaupt nicht. Das dämliche Jammern und Winden, wenn das aber angesprochen wird, hingegen. Nun ja. Grundlagen. Nicht unbedingt gestalterische. Aber in Sachen Psychologie und Physiognomie. Die Fotografie von Menschen ist eben auch etwas mehr, als Busen und Grinsen.
Creative Live, das ist nicht der richtige Kanal, wenn du Wissen anhäufen willst. Es ist der richtige Kanal, wenn Du viel Zeit hast und die verschwenden kannst … vieles von dem, was die da in vielen Stunden aufblähen, könnte meines Erachtens durchaus auch in einer dreiviertel Stunde abgefrühstückt werden … deutlich zu umfangreiches Gelaber um den heissen Brei, anstatt einfach zügig auf den Punkt zu kommen. It’s no rocket science. Ich habe meine Zeit lieber mit meiner Kamera und meinem Licht verbracht und probiert, gespielt, versucht. Learning by doing. Ich mache das immer noch, sowie sich eine Gelegenheit dazu bietet.
Buche lieber Workshops bei hochkarätigen Fotografen, die nicht nur übers Wochenende gehen. Eher schon die, die eine Woche dauern. Danach hast Du was gelernt. Nicht, wie man die Kamera bedient. Aber etwas über das Leben und das – DEIN – Sehen und wie Dinge unter anderem auch gesehen werden können. Eine andere, eine frische Sicht auf die Welt. Das ist sooo viel wert … die Tricks und Kniffe, die bei solchen Veranstaltungen am Rande mit abfallen, die sind eh unbezahlbar.

Der Weg des Lernens und der Informationsbeschaffung ganz grob gesagt geht weg von physikalischen Medien hin zu streaming, das gute, alte (Lehr-)Buch ist ein sterbendes Pferd für die heranwachsende Generation. Ich vermute, dass auch aus diesem Grund Institutionen wie lynda.com oder skillshare solch grandiosen Zulauf haben. Das ist ja an und für sich alles auch gar kein Problem, wenn denn das Fundemant, auf welches da weiter « gelernt » werden soll, wenigstens in den Grundzügen vorhanden wäre. Dummerweise meine viele, dass dieses Fundament das « Kennen » des schwarzen Klickerklackerdingens in ihren Händen wäre. Leider ein ganz grosser Fehler. Das Ding ist gar nichts. Nur ein Werkzeug. Dessen Beherrschung, den groben Umgang damit, das setze ich als so derartig grundsätzlich bekannt voraus, dass es schmerzt. Viele bekommen ja nicht einmal die Dreifaltigkeit aus ISO / Blende / Verschlusszeit unfallfrei auf die Reihe. Setz Dich wieder auf Deinen Hintern und studier es endlich, dieses Handbuch. Ja ! Das Ding gab es zur Kamera mit dazu und das nicht ohne Grund. Die Dinger sind heutzutage nämlich eben leider nicht nur mehr Iso / Blende / Veschlusszeit und Filmeinlegen, sondern Hochleistungscomputer, die an Deine persönlichen Vorlieben angepasst werden können. Das sollte zumindest einmal im Leben nach dem Geldausgeben geschehen sein. Wenn Du mit dem Ding überfordert bist, nutz die Vollautomatik. Konzentrier Dich auf die basics, den Bildinhalt und wie Du ihn präsentieren wirst. Die Kamera macht schon eine ausgeglichene Geschichte ; die sind richtig ausgebufft, heute.
Bau Dir Dein Fundament. Das sind zumindest einige Grundkenntnisse in Sachen Farbe und Gestaltung. Über Drittelregel und Goldener Schnitt und Offenblendterror hinaus. Diese Sachen sind Krabbelgruppe. Nein, nicht mal Kindergarten. Krabbelgruppe.