publié le 23 janvier 2015

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Milena pour C.
Milena pour C., Copenhague.

Aus gegebenem Anlass … Nicht jeder, der schon einmal in eine Kamera gegrinst hat, ist model. Da gehört ein wenig mehr zu. Dieses «wenige mehr» erwarte ich schlicht und ergreifend, wenn ich ein «erfahrenes model» buche. Dann bin ich weder im Kopf noch zeitlich darauf vorbereitet, jemanden vor die Kamera zu bekommen, der nicht den geringsten Schimmer einer Ahnung dessen hat, was erwartet wird. Der Rest der Truppe ist dann übrigens auch leicht genervt. Das am Rande.

Ooookay, ich hab mal zusammengeschrieben, was Du als model in spe ganz grob wissen solltest, bevor es losgeht. So ein paar Dinge gibt es und vieles davon kannst zu Hause üben. Donc, auf geht’s.

Dein wichtigstes Vorbereitungsutensil ist?
Na?

Nee. Ein (großer) Spiegel.

Mit dem Ding kannst Du selber sehen, wie was aussieht und wirkt und vor allem: Wie es sich anfühlt. Achte auf Deine Gefühle bei der Geschichte. Die Profis können die sogar beschreiben, ist echt der Hammer. Da kann der Fotograf auch von lernen.
Also ab vor den Spiegel. Betrachte Dich von allen Seiten, mach Kurven in Dich rein, schieb die Hüfte zur Seite, spiel mit den Schultern. Merk Dir, wie sich das anfühlt. Versuch, Dich in den Kopf des Fotografen zu versetzen und wie das aus seiner Sicht / Perspektive aussieht, was Du da machst. Ein Bein schlank und rank Richtung Kamera gestreckt? Guck Dir das genau an. Elend lang, so rein visuell, oder? Hast Du tatsächlich so Riesenfüße? Siehste.
Schaff Dir Luft zwischen Oberarm und Körper. Siehst Du die optische Illusion? Irre, was? Dicke Oberarme, schlanke Oberarme.

Streiflicht vom Feinsten. Francesca, Paris 2013
Streiflicht vom Feinsten.
Francesca. Jardin du Luxembourg, Paris, 2013

Du entwickelst zumindest ein klein wenig Gespür für das Licht und merkst, wenn Dir ein Schatten ins Gesicht läuft, wenn Du z.B. die Arme hochnimmst. Wenn Du das Licht nicht mehr siehst, wird ein Schatten produziert. Das wird den Fotografen im Zweifel stören. Will er einen Schatten haben, wird er Dich dirigieren. Hoffentlich. Ebenso «gefährlich» kann es werden, wenn Du einen Arm Richtung Kamera und Lichtquelle schiebst. Da kann schnell eine ganze Blende Unterschied bei rauskommen. Sei also auch mit solchen Bewegungen eher vorsichtig. Nimm einfach den anderen Arm und bieg ihn ein Stückchen weiter nach hinten und das Problem ist keines mehr.
Zu wissen, welches das Hauptlicht ist und wie das Licht fällt – das ist unbezahlbar und Du wirst Dir Freunde machen. Ehrlich. Sie lieben es.

Wenn der Mensch mit der Kamera mit einem Belichtungsmesser vor Deinem Gesicht rumhantiert, dann will er wissen, wie die Belichtung für eben genau diesen Punkt ist. Sei so lieb und bleib einfach ruhig stehen, verändere Deine Position so wenig wie nur möglich. Du ersparst ihm erneutes Messen und Dir ein längeres Ausharrenmüssen.

Mach Dich mit Deinen Augen vertraut. Vor dem Spiegel. In der Portraitfotografie gibt das einen Satz, der da lautet «Die Augen folgen der Nase». Das hat den Grund, weil so ein Zuviel an Augenweiß im Bild vermieden wird. Das irritiert ein wenig. Häufig, nicht immer. Außerdem sieht es in den meisten Fällen irgendwie krank aus, wenn der Augapfel in einer Ecke versteckt wird. Entwickel ein Gespür dafür, wenn Deine Augen über einen point of no return rübergehen. Nicht alle Fotografen sehen das auch. Schon gar nicht Einsteiger in Sachen Modelfotografie. Hilf ihnen ruhig ein wenig.

Kathrin. Bruxelles.
Kathrin. Bruxelles.
Achte mal nur auf ihre ( ! ) rechte Gesichtshälfte.

Wo wir schon die Nase mit am Wickel haben: Die durchbricht ab irgendeinem Punkt, wenn Du nicht platt in die Kamera schaust, die Linie des Wangenknochens. Das sieht dann aus wie eine Warze. Übe und präge Dir ein, wie weit Du den Kopf von der Kamera wegdrehen kannst, OHNE dass das passiert. Auch hier achten viele Fotografen nur unzureichend drauf oder sehen es gar nicht erst. Du musst dann aber hinterher im portfolio mit diesem «Ding» da leben. Wenn die Nasenspitze die Seitenlinie noch nicht durchbricht, kannst Du im Übrigen auch davon ausgehen, dass der Augapfel da ebenfalls noch keine Löcher reinstanzt. Wissen viele hinter der Kamera nämlich auch nicht, dass das nicht so vorteilhaft aussieht. Durchlöchert. Einschuss. Und dabei hast Du doch so schöne Formen. Diese beiden Sachen mit der Nasenspitze und dem Loch durchs Auge kannst dem Meister gerne beim Durchsichten der Bilder um die Ohren schlagen. Warzen und Durchschüsse sind nicht nett.

Übe Haltung. Schultern nach hinten. Busen raus. Und den Hals lang. Merkst was? Fühlt sich ein klein wenig komisch an, oder? Siehst was? Nein? Guck genau hin. Schultern nach hinten straffen den Hals und machen ihn schön schlank und lang. Dazu visuell fünf Kilo weniger. Jetzt schieb noch ganz leicht das Kinn und den Unterkiefer nach vorne. Nur nach vorne, noch nicht nach oben. Die Anweisung soll vom Fotografen kommen, will er denn den hochnäsigen Stil haben. Also, das Kinn nur leicht nach vorn. Macht den Hals noch schlanker und straffer. Kippst jetzt noch den Kopf ein klein wenig zur Seite, wirst Du auf dem Bild unwiderstehlich aussehen. Das betont nämlich die Linie des Unterkiefers. Da kann ein wunderschöner Schattenverlauf entstehen. Übe das. Es hilft gewaltig und schafft nebenbei eine supernette Atmosphäre, weil er Dir einfach nicht jeden Mist erklären muss.

Wenn vom Chef selbst keine Anweisungen kommen, stellst Dich von Dir aus schon leicht schräge zur Kamera. Das macht Dich ein klein wenig schmaler. Wenn Du Dich drehst, dann in die Schattenseite. Nach dem alten Motto: Wenn Du etwas zu «verstecken» hast, schieb es in die Schatten. Dreh Dich einfach nach den Regeln der Kunst und verlier Pfunde dabei. Visuell, zumindest 😉

Möchtest noch schlanker und ein wenig «größer» erscheinen? Beschummel mit der Hüfte. Nicht beide Hände auf dem Knochen aufstemmen, sondern eine ungefähr kurz vor den Bauchnabel nehmen. Schieb die Hüfte nach außen, bau ein ‘S’ in Deine Körperlinie. Kameranahe Hand etwas tiefer, als die andere. Das sieht aus wie eine nach unten weisende Linie und macht es optisch noch mal mindestens zwei Gürtellöcher enger. Zeig der Kamera auch nicht die volle Breitseite Deiner Hände. Das bringt wieder Gewicht. Zeig die Handkanten, spreiz die Finger ein wenig und schon hat es dieses Grazile, diese gewisse Leichtigkeit. Wenn Du den Mittelfinger jetzt noch etwas nach unten zeigen lässt, kommt selbst in die Hand eine Kurve.

Die Handhaltung interessiert ;-)
Die Handhaltung interessiert 😉

Wenn etwas gefordert ist, wo «gehen» mit im Spiel ist: Geh LANGSAM. Gib dem Autofungus … euh, Autofokuskrempel der Kamera die Chance, ordentlich hinterherzukommen. Ausserdem wird der Mensch mit dem schwarzen Kasten hoffentlich auf eine vernünftige Beinhaltung achten. Kameraseitiges nach vorne bei Vorbeilaufen sollte mit dem *klick* passieren. Ausserdem wirst Du wie von Zauberhand die Füsse VOReinander setzen, wenn die Geschwindigkeit reduziert ist. Französinnen und Profimodelle können sowas auch im Galopp. Die haben aber auch ungezählte Stunden nur das geübt. Wenn gerannt werden soll, soll das angesagt werden. Kein Problem, oder?

Bring Deinen eigenen «Überlebenspack» mit zum shoot. Feste Schuhe, warmen Pullover zum Drüberziehen vielleicht, Sicherheitsnadeln und Klammern, Haarspangen und -klammern, Haarringe, Feuchtigkeitscrème falls erforderlich, ein paar Trinkhalme (um Dir nicht den Lippenstift zu ruinieren; an die Dinger denken die Allerwenigsten … ), Flasche Wasser und Zuckerriegel, damit Du den Tag überstehst, Ersatzstrumpfhosen, Unterwäsche in hautfarben ( doch, doch. Richtig gelesen. Schwarz sowieso und auch weiss zeichnen sich zu deutlich unter heller Kleidung ab. Ist so. ). Dazu eventuell Dein eigenes makeup. Bist Du für eine fake-Brautsache angefragt, besorg Dir einen Ring. Da denkt nämlich auch keiner dran und ohne sieht irgendwie merkwürdig aus.

Wenn Du regelmäßig angefragt oder gebucht werden willst, schummel auf gar keinen Fall mit Deinen Maßen. Erstens interessieren die niemanden so wirklich, aber wenn die Garderobe hinterher nicht passt, ist das ausgesprochen ärgerlich. Für alle Beteiligten.

Ach ja, eines noch, sozusagen zum Schluß: Geh nach Möglichkeit ungeschminkt zum Termin, falls ihr nicht etwas anderes ausgemacht habt. Oder nur ganz wenig. Makeup ist bös vom Licht abhängig, wie das hinterher auf dem Foto «ankommt». Hartes, gerichtetes Licht verträgt deutlich mehr Farbe – und will es im Grunde genommen auch haben -, als weiches. Da dann eher die Pastelltöne, um den Gesamtcharakter des Endergebnisses zu stützen, zu betonen, zu unterstreichen. Die Zeit fürs Schminken muss sein. Keine Gummis in die Haare; deren Spuren in der Nachbearbeitung wieder rauszubekommen, das dauert Ewigkeiten. Wenn es überhaupt ordentlich möglich ist.

Und noch was ganz zum Schluss. Wenn Du eine Begleitperson mitschleppen möchtest, kündige das vorher an. In der Regel dürfte der Mensch mit der Kamera dagegen nichts einzuwenden haben. Es geht schliesslich um Dein Wohlbefinden. Dass es sich bei der Begleitung um niemanden handelt, der sich als dicker Macker aufspielt, ist an und für sich eine Selbstverständlichkeit. Und noch etwas solltest Du auf jeden Fall beim Papierkram (Stichwort model release) im Hinterkopf haben: Je nach Art des shoots und der Aufnahmen kann für die Zukunft ein Künstlername ganz hilfreich sein. Das Netz vergisst nichts. Da ist es ab und an vielleicht mal ganz praktisch, mit seinem Klarnamen nicht mit «Jugendsünden» in Verbindung gebracht zu werden. Ist angekommen? Gut. Hoffen wir mal, dass sich die andere Seite ebenfalls dran hält. So. Und nun los, es wartet Spass 😉

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