
« Ton ist völlig egal. Weil man im Video sowieso nur Musik hören wird, die spĂ€ter eingefĂŒgt wird. »
Und so wird das Filmchen nachher auch âaussehenâ. Kannste machen, wird halt kacke.
Let Me Just Finish This Donut
Wir hören mit unseren Augen soviel, wie wir mit unseren Ohren sehen – Akira KUROSAWA
Da können die Bilder noch so toll sein. Ordentlicher Ton und ein wenig Zauberei macht einen guten Film, der dann auch tatsĂ€chlich angeguckt wird. Ton trĂ€gt. Ton ist mehr, als nur die halbe Miete. Ton ist das, was du siehst, spĂŒrst, fĂŒhlst. Ton triggert die Vorstellung von einer Szene. Ton ist ein dramaturgisches Transportmittel fĂŒr Emotionen und damit mehr, als nur Garnierung und SahnehĂ€ubchen.
Hip-Hop-House-Rap unter zappelnde Bilder gelegt ist grausame Folter. Das zeigt, dass da wer entweder keinen Plan hat oder nach Den Haag gezerrt gehört. Und in aller Regel ist das auch kein Film, sondern eine undurchdachte, sinnbefreite Aneinanderreihung von sich bewegenden Bildern. Klingt hart, ist aber brutale RealitĂ€t. Don’t panic – wir haben alle mal so angefangen. Nur dass der ein und andere sehr schnell dahintergestiegen ist oder wurde, wie das in ordentlich eigentlich so funktioniert und das im Hobbybereich aus welchen GrĂŒnden auch immer immer und immer wieder scheitert. Es muss nicht jeder jeden Fehlschuss auch selber nachmachen – achte von Anfang an mit auf den Ton. Eigentlich ganz doll auch auf den Ton. Ăbung und Praxis machen es wie immer zu einer ‘SelbstverstĂ€ndlichkeit’ auch wenn es mal schnellgehen muss. Die hinlĂ€nglich verdĂ€chtigen VideokanĂ€le sind voll mit deutlich zu viel MĂŒll.
(Wenn du die Sache mit dem Storytelling bei Film und den kleinen Geheimnissen eines ordentlichen Schnitts noch einmal auffrischen möchtest … đ )
Nimm Ton mit. Extern.

Nimm externe Mikros, vor allem, wenn du draussen unterwegs bist. Die in der Kamera eingebauten sind durch die Bank nur fĂŒr die Synchronisation zu gebrauchen. So eines zum fĂŒr in den Blitzschuh schieben ist schon halbwegs brauchbar. Drinnen. Draussen, wenn es nicht windet – diese knuffigen Fusseldinger sind zwar lieb gemeint, wohnen aber deutlich (!) zu nah an der Aufnahmequelle – da hat Windgerumpel keine Chance, auf dem Weg von draussen durch das Fell zum Mikrofonkörper zu ‘verhungern’. Diese lustigen kleinen Micros zum Einschieben in den Blitzschuh wohnen auch gerne zu nah an irgendwelchen Motoren und nehmen deren LĂ€rm mit. Ist ein bisschen von der Bauart (siehe gleich zu Polarmustern und so) abhĂ€ngig, aber die meisten sind da oben schlicht fehlplaziert. Ist es ‘das Richtige’, kann das brauchbar werden, ich denke da an mitgenommene Schipsel fĂŒr ‘Urlaubsfilme’. MĂ€rkte, StrassenlĂ€rm, Stimmengewirr … sowas zu haben als Audiospur ist immer super und weckt Emotionen auch bei dem, der nicht nebenan stand. Sowas nur mit Hip-Hop-House-Rap-Geschraddel weckt keine Emotionen. Braucht eher zusĂ€tzliche ErklĂ€rungen und da sind wir dann ganz schnell wieder bei den gefĂŒrchteten ‘Diashows’ 😵💫
Nimm externe Recorder. Die haben die besseren VorverstĂ€rker, als die Knipse. (Bei den dicken VideomĂŒhlen ist das was anderes und bei brandaktuellen Fotoknipsen eventuell auch. Erkennungszeichen : Alles, was einen XLR-Eingang hat wird auch vernĂŒnftige Pre-Amps eingebaut haben. Ausserdem machen XLR eine feste Verbindung mit der Kamera, wĂ€hrend die ĂŒblichen 3.5mm Klinken einfach reingeschoben werden. An externen Recordern gibt es 3.5mm-EingĂ€nge, die haben ein Gewinde drĂŒber. Das ist auch brauchbar, weil âfest’.) Ton weiterschicken vom Recorder an die Knipse kannst du machen, um was flott fĂŒr die Synchronisation nachher zu haben. Bei den 3.5mm kĂŒmmer dich, dass âder richtigeâ Anschluss an das AufnahmegerĂ€t gestöpselt wird. Stichworte fĂŒr die Suchmaschine : TRS und TRRS.
Wenn du das halbwegs ordentlich haben möchtest, mit dem Ton : Gib Geld aus. Bei Ton ist es bittere Wahrheit : You get what you pay for. Hier sparen heisst regelmĂ€ssig noch einmal kaufen und dann in ordentlich. Ist so. Billig wird meistens auch billig wirken. GĂŒnstig bis einmal schlucken ist besser. Intensive GesprĂ€che mit dem Bankmenschen fĂŒr top-notch-Kram bekommt nur noch das wirklich geschulte Ohr mit.
Heisser Tip : Wenn bei den externen GerĂ€ten Batterien getauscht werden, check hinterher unbedingt die Uhrzeit. Bei denen gibt das Spezialisten (die Zoom beispielsweise bekleckern sich da mit allem anderen als Ruhm ⊠) die setzen bei der Aktion den 1. Januar 1980 Mitternacht oder Ă€hnlichen Blödsinn. Lass das Augenrollen, mach einfach. Ich weiss, worĂŒber ich spreche und kann dir auch gerne erzĂ€hlen, was das bei dreistellig clips am Tag an Zeit und Nerven kostet, den Rotz dem passenden Stapel an footage zuzuordnen. Die Automatiken der guten Schnittprogramme gehen neben der waveform auch nach timecode, um Bild und Ton aufeinander zu bekommen. Waveform von einem Mikro in relativer NĂ€he zur GerĂ€uschquelle ist aber ‘anders’, als aus der meist woanders positionierten Kamera. Wenn dann on top die Zeiten noch wirr sind, gehst alles einzeln und von Hand durch. Ach ja : Wo du schon dabei bist – Kamerazeit und -datum. Da rennt weder was vor, noch trödelt es hinterher, gelle 😙 Ein paar Sekunden sind eher unkritisch, Minutenabweichungen doof
Notwendiges Wissen
Ein paar Dinge muss man einfach wissen oder zumindest mal gelesen oder gehört haben und wissen, wonach zu suchen ist. Spart zudem den Ochs vorm Berg.
Mikros – Polarmuster und DirektionalitĂ€t
Direktional, omnidirektional, Kugel, Keule, Niere (cardoid), Superniere (super- und oder hypercardoid), Acht, Nahbesprechungseffekt (proximity effect) ⊠die haben jeweils ihren eigenen Einsatzzweck. Mach dich selber schlau, was was macht und wofĂŒr was ist und wofĂŒr eher vollkommen unbrauchbar. Beim high-end-Hersteller Neumann gibt es feine Sachen zum Einstieg. Bei âStandardvideoâ kommst du mit einer direktionalen Niere schon sehr weit.
Wind protection sind âZeppelineâ und kommen von Rycote. Punkt. âšKeine Angst, die Dinger auch in InnenrĂ€umen – dann ohne Fell – zu benutzen. « Low frequency roll-off » ist das Geheimwort dazu. Macht, dass das nachher deutlich besser hochgezogen werden kann, wenn das Gerumpelzeug aus dem sound floor im Bereich unterhalb -40dB gar nicht erst vorhanden ist.
Dezibelgeschichten
Dezibel (dB) ist LautstĂ€rke, Schalldruck, Pegel und eine behelfsmĂ€ssige Einheit fĂŒr LautstĂ€rekeempfinden. FĂŒr uns, die wir mit digitalen Signalen rummachen, ist vor allem dBfs (fĂŒr Decibel full scale) interessant. â0â ist dabei der höchste Signalpegel innerhalb digitaler SphĂ€ren, drĂŒber ‘klipptâ es (verglichen mit dem Histogramm bei einem Foto brennt es aus (rechts weglaufend) oder wird abgeschnitten (oben weglaufend) ) und ist tot.
Einstellungssachen
Mic in –> Mic line switch am AufnahmegerĂ€t <â setzt den input gain â> sagt dem GerĂ€t, welches Krachlevel maximal reingehen soll und die VorverstĂ€rker können und dĂŒrfen einen ordentlichen Job machen und lupfen das Eingangssignal entsprechend an.
Mic level â> ist, wenn ein Mikro an einen Recorder gestöpselt wird, âbevorâ irgendwelche VorverstĂ€rker in Aktion treten
line level â> ist eigentlich fĂŒr InstrumentenanschlĂŒsse (line in), weil deren Signal meist schon vorher durch einen VorverstĂ€rker am Instrument selbst gelaufen ist. Bringt eine Menge mehr an âheadroom’ bei sehr lauten Umgebungen und « trickst » den Recorder aus. Spiel rum.
Podcast / Gesang Mic darf etwas nĂ€her an die LĂ€rmquelle ran. Gut ist es bei Nicht-Kugel – also denen, die wir landlĂ€ufig bei Film / Video einsetzen, wenn es von leicht seitlich kommt, dann schlĂ€gt der proximity effect nicht so zu. Entfernung ĂŒber den Daumen 20 bis 30 cm zum Sprechenden. Den Kugeln ist es egal, da beissen sie immer fast rein, ohne dass es irgendwie schadet.
input gain am Recorder
Mach das einfach ordentlich, Pfusch geht nahezu immer nach hinten los, hier.
– Zoom recorders : -12 / -6dB peaking
– Tascam : -6 / -3dB
– Sony : -6 / 0dB
Die letzten beiden haben nach unten Raum bis -50dB. Die Zoom bis -30dB ; das ist eine Hausnummer.
– alle anderen sound devices – Telefone : -3 / 0dB
Limiter am besten ĂŒberhaupt nicht verwenden. Ausnahme: Es ist zu erwarten, dass fĂŒrchterlich laute Spitzen kommen werden. Schreie, z.B. sind ein Grund, den Limiter zuzuschalten. Sonst lass da die Finger von weg, geringe Ausreisser können in der Nachbearbeitung locker eingefangen werden. Erst recht bei 32bit float
sample rate / bit fĂŒr das Aufnahmematerial
Sample rate fĂŒr Video und Film ist 48kHz. Punkt. 96kHz gehen auch, wenn fiese Bearbeitung erfolgen soll. 44 ist oder war geil fĂŒr CDs, lĂ€uft bei Film aber aus der Synchronisierung mit den Mundbewegungen.
– 8bit : knapp 50dB dynamic range (Unterschied zwischen den leisesten und den lautesten Stellen)
– 16bit : ca. 98dB
– 24bit : ca. 122dB. Das ist so das, was das menschliche Ohr zu verarbeiten in der Lage ist.
– 32bit floating : tausend irgendwas dB. Allerdings musst du checken, ob dein Bearbeitungsprogramm das auch frisst, ansonsten Ungemach. Hat aber den Vorteil, dass unvohergesehen sehr lautes GerĂ€uschzeugs nicht wegballert.
« sound floor » ist in einer Tonspur das ganz unten mit allem Gerumpel und was sonst so niederfrequent in der Lauft schwirrt. Das ist im Bereich ab -40dB unterwegs und wird gnadenlos mit hochgezogen, wenn zu wenig Bittiefe vorhanden ist.
Was einen guten Film von Geschnipsel unterscheidet
Room tone – will heissen : Der Klang des Raumes, in dem du gerade bist. Draussen nimm ein wenig UmgebungsgerĂ€usche mit.
– wenn du ‘fertig’ bist mit dem Drehschnipsel : Room tone, Atmo, jeweils ein paar Sekunden ânachlaufenâ lassen, das GerĂ€t. Ich mach gerne mindestens 10, das gibt ausreichend Material fĂŒr die Bearbeitung.
– wenn es möglich ist : volle Minute room tone mitnehmen. Als eigenen clip.
– wenn immer auch nur irgend möglich : Ton ‘angeln’. Besser, lauter, sauberer. Teamarbeit.
– Bei der Aufnahme gilt : FĂŒr jede Tonquelle (jedes Mikro) eine eigene Spur. Immer. Shotgun von leicht oben und Lav vom Hemd – beides zusammen in eine Tonspur aufgenommen gibt nur unnötige Probleme mit Interferenzen. SpĂ€ter nimmst du das Beste von jedem Mikro.
– mach den Sound so ordentlich wie du nur kannst. Minimalisiere Störungen / Unterschiede wie : Interferenzen, Brummen und Summen aus technischen Geschichten wie Klimaanlagen, KĂŒhlschrĂ€nken, dann vermeide Ăbersteuern, unterschiedliche Levels âŠ
Sounddesign – Foley (das sind die gebastelten Soundeffekte – SFX. Schritte aller Art sind der Klassiker). Wenn du sowas selber machen willst : Mic etwas weiter weg, sonst kommt das « zu wuchtig ».
Schritte selber auf das Bild bauen ist *immer* der schnellste Weg zu einem ordentlichen Ergebnis. Gibt zwar kilometerweise Konserve dafĂŒr, aber jeder lĂ€uft halt anders, der eine schneller, der nĂ€chste schlurft, der tritt hart auf, der schlurft eher wieder, Westernbotten sind anders als Rockerboots, anders als Pfennigabsatz, anders als Leder- oder Gummisohle, anders als HĂ€schenhauspuschen. Und die UntergrĂŒnde erst. Waschbeton mit bisserle Sand, Strandweg, Gras, Dielen, Kacheln âŠ
Sounddesign – Allgemein. Das sind die âNebengerĂ€uscheâ. TĂŒrklinken, TĂŒrenklappen, knirschende Dielen und Autositze, das Pfeifen des Teekessels, laufendes Wasser, das Klacken der Lichtschalter, das Surren des Lichtschwerts, das Fauchen des Degens beim Durchschneiden der Luft. Quietschende Reifen auf Sand. Du merkst es selber. Alles, was irgendwie nach âGerĂ€uschâ ruft, sollte eines haben. Das ist in professionellen timelines dann die Stelle, an der die Zahl der Audiospuren mit einem Male explodiert. Hört und merkt aber keiner, weil es âeinfach daâ ist und da auch genau so hingehört.
Voice Over, Off-Kommentar. Ist bei allen Dokus, Reportagen der Fall. Hechelnd mit wackeliger Kamera da, wo es tatsĂ€chlich die Gschichte und den Film weiterbringt, Marathon durch die WĂŒste oder ĂŒber den Khyber Pass aus first person view zum Bleistift. Ansonsten sauber aus dem Aufnahmeraum mit ordentlicher Stimme, Grossmembranmikro und Nahfeld, da sind se đ Bei den Billoglotzesendern mit viel ‘feeling’ machen die den part mit Gehechel und Gewackel auch sonst ĂŒberall wegen der « AuthentizitĂ€t ». Ist aber nicht authentisch, ist billo und albern.
Dialog bei Film wird geangelt, wenn Lavalier-Mikrofone nicht ent- und ansprechend âverstecktâ werden können und deren Sender nicht irgendwo nervig auftauchen. Bei Lavalier kĂŒmmere dich darum, wie die fachmĂ€nnisch angetĂŒdelt werden und wo die ĂŒberall unerkannt bleiben können.
So Sachen macht kein Hobbyfilmer. Von den Amateuren nur wenige. Im Profibereich jeder.
Bei der Aufnahme
Du wirst rausbekommen, was du reinwirfst. WĂ€hrend der Aufnahme kannst du ein paar einfache, kleine Dinge beherzigen, die die Aufnahme auf ein ordentliches Level bringen.
Habe den peak im Auge. Bei â0â ist digital Schluss. Alles drĂŒber ist tot. Jedes Mikro eine eigene Tonspur bei der Aufnahme. Oder ein eigenes GerĂ€t. Achte bei Richtimikros penibel auf die Richtung, wo der Ton rauskommt. Das schwankt sonst und das ist doof. Nimm das ârichtigeâ Mikro fĂŒr die jeweilige Aufgabe. Bei room tone sollte tatsĂ€chlich auch nur der Raum aufgenommen werden. Wenn irgendwo spezielle Sachen irgendwelche GerĂ€usche von sich geben, nimm die einzeln mit. Wie nah dran, ist recht egal – Entfernung kann in der post angepasst werden – aber nimm es mit und in sauber. (Solchen Kram wirst du hinterher auch strahlend mit aussagekrĂ€ftigen Dateinamen und Metadaten versehen. Mach es. Nur damit wirst du sie irgendwann auch wiederfinden. Bau dir deine eigene Soundbibliothek.)
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Das soll es erst einmal gewesen sein. Editing folgt, das wird nochmal eine richtige Menge.
Also, lass das mit solchem Quark wie « man wird nachher eh nur druntergeworfene Foltermukke hören. » Wobei ⊠Humppa geht aber. Humppa passt zu allem. Wie Punk. Das passt auch irgendwie immer.