Na, aufgeregt ? Brauchst nicht zu sein. Du weisst inzwischen, wie Du Licht ohne grosse und teure Hilfsmittel in den Griff bekommst, weisst, Dein model zu positionieren, ihm oder ihr das bezaubernste Lächeln von Welt zu entlocken oder eine unnachahmliche Melancholie darzustellen, spielst wie selbstverständlich mit Licht und Schatten. Die Qualität Deiner Bilder hat schon einen Sprung nach vorne gemacht und trotzdem sind sie nicht alle was geworden. Mal Hintergrund zu hell, mal das Gesicht zu düster ? Und mächtig geärgert, warum dieses zig-Millionen-Dollar-Ding da in Deiner Hand das nicht hinbekommt ? Das ist eben nur ein blöder Apparat, ein Computer. Daher geht das heute ans Eingemachte : Belichtungsmessung. Denn der Kopf, der den schwarzen Kasten bedient, der ist immer noch gefragt. Selbst im 21. Jahrhundert 😉
Ein klein wenig Historie
Die Geschichte einer korrekten – oder vielmehr einer nach dem Wunsch des Fotografen entsprechend den Vorstellungen von seinem Bild ‘korrekten’ – Belichtung ist so alt wie die Geschichte der Fotografie selber. Und ganz offenbar immer noch mysteriös, weil man immer wieder Bilder vorgehalten bekommt, bei denen genau dieses kleine bisschen Mitdenken – oder Überhaupt-Nicht-Denken – gründlich in die Binsen gegangen ist.
Ganz zu Anfang war es eine Sache von unheimlich viel Erfahrung. Und versenktem Geld. Von diesen Erfahrungen haben sich bis in die heutige Zeit so ein, zwei eisenharte Tips herauskristallisiert, entwickelt, weiterentwickelt, verfeinert und gehalten : Sonne lacht, Blende acht. Und sunny sixteen, schallalalala 😉 – sunny sixteen : ISO 160, 1/160 bei f16, wenn die Sonne vom Himmel brennt.
Also Erfahrung. Das ging soweit, sich Viechzeug im Studio zu halten, die ins Licht blinzeln zu lassen und anhand der Pupillengrösse der Biester messerscharf auf eine Belichtungszeit zu folgern. Gar nicht dumm : Pupille im Auge klein = viel Licht = Blende dicht. Pupille gross = Funzellicht = Blende auf. Na ja, die ‘ordentlichen’ stellten sich mit der Stopuhr hin, hangelten sich an ihren Zahlenreihen lang und schrieben weiterhin wohl auch fleissig jede Blenden-Zeit-Kombinationen unter den verschiedensten Bedingungen mit und auf, entwickelten den Kram und haben entweder hinter ihre Zahl einen Haken gesetzt oder alles wieder wegradiert.
Weil dieses Rumschätzen und ellenlange Zahlenreihen studieren auf Dauer auch irgendwie albern war, war einer schlau und gewitzt. Irgendwer ist nämlich dahintergestiegen, dass Licht elektrischen Strom macht. Ein Durchbruch. Flott dieses Selendings mit zwei Drähten versehen, eine Spule mit Zeiger dran angetüdelt, auf die Welle einen Zettel mit wichtigen Zahlenkombinationen geklebt, Zeiger wieder drauf, hübsches Gehäuse drumrum und taaa taaaa, der erste Belichtungsmesser war fertig und erleichterte fortan höllisch die Arbeit. Es ist in der Tat so, dass Selen das Licht sammelt und je mehr da gesammelt wird, desto mehr Strom, desto mehr Zeigerausschlag, desto kürzer die Zeit. Die Lichtmessung war geboren. Eine herrliche Zeit – munter pfeifend und wichtig guckend vors model gestellt, das Wunderkistchen Richtung Kamera gehalten und so das aufs model fallende Licht eingesammelt, den Wert abgelesen und gemerkt, zum schwarzen Kasten gesprintet, entsprechend eingestellt und KLACK. Danke, das wars, Rest machen wir am Rechner in der Dunkelkammer. Herrlich.
Irgendwer forschte weiter in der Sache vor sich hin und entdeckte, dass Fotodioden deutlich schneller reagieren, zudem auch keine ewig breite Fläche, sondern nur ein ganz klein bisschen gebündeltes Licht zu erheischen brauchen und das in Widerstand umsetzen. Also Batterie dazwischenkonstruiert, anderes Messwerk ran (welches auch gleich noch deutlich robuster ist) und fertig war der Grundtyp des Belichtungsmessers, wie er auch heute noch vor allem im Studio eingesetzt wird. Erst mit Zeiger, heute digital und mit allem Klipp und Zapp. Weil die Fotodiode bei direkter Lichtmessung aber völlig durcheinandergebracht und fast blind wird, schieben wir da so einen kleinen Nuppel in halbtransparent drüber und schon passts wieder. Und da das Ding so flott ist, eignet es sich ganz hervorragend zum Einfangen von Blitzen. Jawohl.
Alles, aber auch wirklich alles änderte sich schlagartig, als irgendwem anderen das Mitschleppen des Belichtungsmessers zu doof wurde, die Zeiten mit den Riesenplattenkameras eh rum waren und fein klein, schnell mit Spiegelreflexen hantiert wurde. Fotodioden können nämlich so richtig klein gemacht werden. Da müsste doch aus dem Rücken auf die Brust ins Auge … Und taaaadaaaaaa, TTL-Messung war geboren. T hrough T he L ens, durch die Linse, weg mit dem Belichtungsmesser, der ollen Kiste. Und damit fingen die Probleme richtig an. Von wegen Vereinfachung, pah ! Nichts da. Während es der Lichtmessung nämlich relativ egal war, wo das Licht denn nun rauffällt, misst der TTL-Krempel das, was vom Motiv, Objekt, wie auch immer reflektiert wird. Objektmessung. Und der Schuh passt nicht mehr so recht. Denn jede Farbe reflektiert anders und die neumodischen Dinger mussten ja irgendwie auch einheitlich gemacht werden. Deshalb sind die auf ein exakt neutrales Grau kalibriert. Und machen, dass strahlendes Weiss und tiefschwarzer Kohlenhaufen eben so weit als möglich diesem flotten, zeitlos eleganten mausgrau entsprechen wollen. Da waren sie, die Ärgernisse. Helles wird zu dunkel, Dunkles zu hell, was nun ? Zurück zu den Ursprüngen. 1890. Probieren. Erfahrungen sammeln. Nach Erfahrungswerten gezielt über- respektive unterbelichten. Fortschritt ist schon eine tolle Sache 🙄
Zum neutralen – oder « mittleren » – Grau wird sich gestritten. Streng genommen handelt es sich um eine graue Fläche, die 18% des sichtbaren Lichtspektrums unter allen Lichtbedingungen reflektiert, während andernteils von 12%-14% Reflexion ausgegangen wird. Das am Rande. Ich werde fürderhin von « neutralem Grau » sprechen.
Okay, ganz so grausam ist es nun auch wieder nicht, wenn wir uns jetzt eben noch mal zwei Sachen ins Gedächtnis zurückrufen, die ich bereits mehrfach beiläufig erwähnt hatte in den vorhergehenden Beiträgen :
Lichtmessung
Lichtmessung ist die Spielwiese des Handbelichtungsmessers, funktioniert von unserem Objekt aus grob in Richtung Kamera und misst das Lichtaufkommen, welches auf das Objekt fällt. Das wird einen hervorragend brauchbaren ‘Mittelwert’ ergeben, bei dem weder die Lichter richtig fies ausbrennen, noch die Schatten ins Nirwana absaufen, sofern der Dynamikumfang Deiner Kamera mitspielt – das ist das einzige Limit. Es wird die allgemeine Beleuchtungsstärke gemessen ; von welcher Lichtquelle das stammt und in welcher Intensität das erfolgt ist egal und – zauber zauber – mausgrau wird nachher mausgrau sein und weiss weiss. Wow. Äh, warte mal ! *schnapp* Nö. Ist so. Warum ? Klärt sich im kommenden Abschnitt 😉 ; die Motivhelligkeit spielt nämlich keine Rolle.
Gratistip für Lauffaule : Wer nicht immer bis zum Objekt hinrennen will, dreht sich die Kalotte des Belichtungsmessers Richtung über die Schulter (während Du so Pi mal Daumen den Blick Richtung Objekt hast), drückst das Knöpfchen, überträgst die Werte in die Kamera und fertig. So machen das die Profis « im Feld » heute noch ganz gern, vor allem, wenn sich die Lichtsituation nicht grossartig ändern wird in den kommenden Minuten. In Modus ‘M’ Blende und Zeit fest eingestellt und auf gehts. Es wird passen, solange Du nicht im Schatten stehst, während das model in der Sonne glüht 🙄
Kleiner Hinweis bei dreidimensionalen Objekten, wie es beim Portrait ja durchaus vorkommen soll : Man richte die Kalotte so ungefähr auf den halben Winkel zwischen Kamera und Lichtquelle. Das ist bei gerichtetem Licht (unter strahlender Sonne oder bei ‘nackter’ Lampe) von Bedeutung, damit das kleine Wunderding auch noch was vom Umgebungslicht mit berücksichtigt ; bei bewölktem Himmel oder sonst diffuser Lichtquelle (Du denkst schlagartig an den offenen Schatten, den Laubengang und sonstiges, ja ? Youpieh ! Es ist was hängengeblieben 🙂 ) kannst das Ding auch direkt in Richtung Kamera halten.
Bei der Lichtmessung spuckt der Belichtungsmesser Lichtwerte aus, die immer gelten. Halt mal an, ich hab doch da eine Blende-Zeit-Kombination stehen … Ja. Die wird von dem Ding nach Deiner Vorgabe der ISO berechnet und mit dargestellt. Änder das mal und guck Dir die kleine « LW irgendwas » Zahl an. Staunste, was ? Die ändert sich ja gar nicht. Eben. Weil es der Lichtwert ist, und der bleibt nun mal gleich.
Die Lichtmessung ist dabei nicht der Weisheit letzter Schluss. Bei Gegenlichtsituationen versagt sie insoweit, als der Hintergrund zum Motiv gnadenlos ausbrennen wird. Zudem werden beabsichtigte Stimmungen im Bild nicht berücksichtigt, so dass der Mensch hinter der Kamera wieder selber eingreifen muss. Irgendwas ist ja immer. Aber in der Regel sorgt die Lichtmessung dafür, dass ein sehr sehr brauchbares Negativ bei herauskommt bzw. eine Datei entsteht, mit der sich gewaltig was anfangen lässt.
Objektmessung
Die Objektmessung ist zum einen von der Stärke der Lichtquelle abhängig, die das Objekt freudig anstrahlt und macht sich zudem die vom Objekt zurückgeworfene Lichtmenge zu eigen. Damit kannst je nachdem ein neutrales Grau in die finsteren Schatten machen oder mausfarben aus der weissen Bluse holen. Fängt der schon wiiieder damit an … Hilft ja nichts ; da musst jetzt durch.
Für die Erinnerung : Jedes Objekt reflektiert Licht, das auf es fällt. Je nach Farbe verschieden, was der Grund dafür ist, dass wir Farben überhaupt erst « sehen » können. Der Motivkontrast bekommt mit einem Male eine grundlegende Bedeutung, weil helle Farben nun einmal ein anderes Reflexionsverhalten haben, als dunkle. Die Probleme treten immer dann auf, wenn der Kontrast zu gross wird. Denk einfach an ein klassisches Brautpaar z.B.. Sie in weiss, er in schwarz. Du in Schweiss, die Kamera am Ende.
Ganz Schlaue wollen jetzt von « Motivmessung » reden. Kannste machen, versteht aber keiner. Zum einen, weil « Objektmessung » hochoffizielle Sprechart in Germanien ist und zum anderen, weil im internationalen Sprachgebrauch von « reflective metering » bzw. « measure réfléchie » die Rede ist. « Subject metering » sorgt ebenfalls für gehörige Fragezeichen überm Kopp und die Frage, ob nicht doch « subject brightness range » gemeint ist oder wie oder was …
Mehrpunkt- und Detailmessung
Einen Ausweg aus diesem Dilemma stellt die Mehrpunktmessung dar. Dazu schaltest am sinnvollsten auf Spotmessung um, peilst einmal den hellsten sowie den dunkelsten Bereich Deines Hauptmotivs (also des für Dich bildwichtigsten Teils) möglichst formatfüllend an und machst im Kopf flugs die Rechnung nach dem Mittelwert auf. Als Abfallprodukt der Messung des hellsten und dunkelsten Punktes hast auch gleich einen Wert für den Motivkontrast und kannst sehen, ob Dein Kamerasensor das noch packt. Oder eben nicht mehr packt. Denk einfach dran, dass bei dieser Methode neben der ISO entweder Verschlusszeit oder Blende konstant sein müssen, andernfalls geht das in die Binsen.
Oder Du beschränkst Dich tatsächlich auf das Detail, welches Dir am wichtigsten ist und sagst Dir : Für diesen Bildteil will ich es korrekt belichtet wissen, schiet was auf den Rest. Dazu gehst am besten nah ran, bis es sucherfüllend drin ist, lässt die Matrix den Wert ermitteln, speicherst den oder stellst es manuell ein, kadrierst neu und löst aus. Ist das Objekt der Begierde zu weit weg, gehst halt wieder auf Spot.
Belichtungsreihe
Eine weiteres probates Mittel, um gegen den Kontrastmischmasch anzukommen, ist die Belichtungsreihe oder auch bracketing. Hierfür bieten die Kameras einen weiten Spielraum von zum Teil bis zu 5 Lichtwerten, abgestuft in 1/3 oder 1/2-Schritten ins Minus und ins Plus an. Eine der Aufnahmen wird ein ‘korrektes’ Bild liefern. Wie das geht ? Nun … ja ja ja, ich schlag nach. Bingo 🙂
Belichtungsreihen haben aber auch noch einen ganz anderen, tieferen Sinn, der sich dem Amateur, der ja ‘zur Sicherheit’ in RAW ‘shootet und footet’ und hinterher im Konverter das Bild eh stumpf über ‘Auto’ zurechtbiegen lässt, nur schwer erschliesst : Die Stimmung eines Bildes lässt sich damit ‘steuern’. Das ist der Hauptgrund, warum es bei Profis nach wie vor beliebt ist*. Die Jungs und Mädels beherrschen in der Regel die korrekte Belichtung, aber unter Umständen kann ein Bild deutlich an Aussagekraft gewinnen, wenn es eine Stufe unter- oder überbelichtet ist. Richtig schön hat das Jay Maisel einmal auf den Punkt gebracht, weil der nämlich scheinbar nur mit Dauerfeuer arbeitet. « No, I’m not shooting a series for fun, I’m doing bracketing. There’s a completely different message in my three shots of a scenery and I do decide afterwards which one pleases me best … » Es kommt halt nicht ausschliesslich auf die technisch beste und korrekte Belichtung an. Wie so häufig ist ‘technisch perfekt’ keineswegs das A und O eines guten Bildes.
(*) In der Regel sind wir lieber hinter der Kamera denn vorm Rechner ; klar kann ich aus einem RAW noch was ‘beabsichtigt’ Unter- oder Überlichtetes machen. Aber wozu sich da stundenlang den Kopf drüber zerbrechen – sofern man das nicht ohnehin schon wieder ‘vergessen’ hat, wenn man nach Hause kommt – wenns einem gleich auf dem Bildschirm schon entsprechend präsentiert werden kann ? Und bei einem ‘korrekt belichteten’ Bild brauche ich auch kein speicherplatzfressendes RAW, da kann ich, wenns denn sein muss, auch aus einem jpg noch genug zaubern, einfach, weil das Ding vom Grundsatz her schon ‘gut’ ist. Tun sich auch viele schwer mit – ich persönlich mach RAW nur dann, wenn es von mir gefordert wird. Selber stell ich an mich eher selten diesen Auftrag …
Ersatzmessung
Ebenfalls Abhilfe bietet in Fällen des Kontrastoverkills eine Ersatzmessung. Beliebt ist, dafür eine (‘geeichte’) Graukarte mitzuschleppen. Gibt es in allerlei Grössen für teuer Geld. Das Ding hältst Du gerne so sucherfüllend vor die Kamera, dass a) in ungefähr das Licht drauffällt, welches auch Dein Hauptobjekt beleuchtet und b) keine Schatten zu sehen sind – weder von Deiner Hand noch von der Kamera. Kamera dazu am besten in den (voll-)manuellen Modus versetzen, sonst wirds gleich wieder Murks. Wert einstellen und Abfahrt.
Was aber auch geht und in den meisten Fällen brauchbare Ergebnisse liefert, ist Deine Handinnenfläche. Messung wie eben und dann den ausgependelten Wert um einen vollen Blendenwert verlängern, weil unsere Pfoten eben nicht auf neutrales grau geeicht sind. Also statt der angezeigten 1/125stel eine 1/60 einstellen oder statt Blende 11 eine Blende 8 nehmen.
Ebenfalls funktioniert, wenn Du ein weisses Blatt Papier (also die papierne, weisse CD-Hülle, die in den Tiefen der Fototasche für den Weissabgleich vor sich hindümpelt. Erinnerst Dich düster, non ? ) nimmst. Da müssen dann volle 2 1/2 Blenden dazugerechnet werden. Also statt der eben genannten 1/125 eine 1/25. Oder statt der ausgeworfenen f11 eine f4. (Die Hülle hat im Gegensatz zur Handinnenfläche den Vorteil, als dass da der Verlängerungsfaktor dauerhaft als Gedankenkrücke drauf notiert werden kann … 😉 )
Bei allen gilt : Hast Du eine ‘feste’ Lichtquelle im Spiel – Lampe oder Sonne draussen – bummelig Richtung der Winkelhalbierenden Kamera – Lichtquelle, bei diffusem Licht kann das Hilfsmittelchen auch (schattenlos) direkt Richtung Linse gehalten werden.
Was auch ‘nutzbar’ ist und Dir wahrscheinlich im wahrsten Sinne des Wortes ‘zu Füssen liegt’ : 0815 Asphaltfläche (nicht die frisch geteerten, eher die ‘alten’), eine Rasenfläche, bei sonnigem Wetter ohne Wolken die Ecke des Himmels, welche der Sonne gegenüberliegt. Zeitung geht auch. Eine mit viel Text und wenig Bildchen wär gut.
Das Knöpfchen « +/- »
Wenn das alles zu lange dauern sollte, dann bieten die meisten Kameramodelle noch die Möglichkeit für den Nutzer, selber am errechneten Wert rumzudoktern : Der +/- Knopf. Der sorgt – vereinfacht ausgedrückt – für eine gezielte Über- bzw. Unterbelichtung. Wieviel, das ist eine Sache des Ausprobierens oder schlicht von Erfahrung. Riesenvorteil : Es geht rasend schnell. Ich hab mir die Funktion, weil ich es wie die Pest hasse, wie doof nach dem Ding zu suchen, bei all meinen Spiegelreflexen auf das Zeiteneinstellrad gelegt. Bei dem Ding weiss ich ohne Denken, in welche Richtung ich drehen muss. Und wozu Fingerakrobatik betreiben ?
Noch was ganz, ganz Grundlegendes zu dem Knöpfchen, weil wir uns da jüngst erst wieder die Köppe drüber heissgeredet Finger drüber wundgeschrieben haben : Stell den, wenn die Bilder im Kasten sind, wieder auf Null. Du greifst mit dem Rummachen mit dem Ding in die kamerainterne Belichtungsmessung ein und verschiebst den Wert für Neutralgrau. Es wird dir im Sucher mit angezeigt, ob das Ding aktiv ist. Wo, das verrät dir die Bedienungsanleitung (Service des Hauses für Nikon-Nutzer : bei den einstelligen rechts im Sucher unter der Belichtungswaage, bei den anderen im Gewusel am unteren Sucherrand. Und oben auf dem Schulterdisplay)
Bist in M und achtest nicht auf das Symbol im Sucher oder auf dem Schulterdisplay, arbeitet die Korrektur eventuell unbemerkt rum und versaut die Belichtung, sofern du nicht Werte aus einer anderen verlässlichen Quelle (Handbelichtungsmesser) einkurbelst.
Die Messmethoden der Kamera
So ein Fotoapparat stellt dem Kopf dahinter eine ganze Menge Hilfsmittel zur Verfügung, auf dass das, was da abgelichtet werden soll, auch den Vorstellungen entsprechend mehr oder weniger ‘korrekt’ belichtet wird. In Anführungsstrichelchen deshalb, weil auch der blöde Kasten keineswegs weiss, was Du als ‘korrekt’ haben willst. Overall, auf einen bestimmten Punkt (Gesicht, gell, da war was) oder mittendrin zwischen beiden Extremen. Deshalb haben die Biester verschiedene Messmethoden an Bord. In der Regel hast Du drei Möglichkeiten zur Auswahl, die, und das ist wichtig zu wissen, bei den heutigen Kameras zudem noch an die Messfelder für den AF gekoppelt sind. Wunder der Rechentechnik.
Spotmessung
Spotmessung geht, wie der Name schon nahelegt, auf den Punkt. Und zwar einen Punkt gemessen in Millimetern auf der Mattscheibe. Wie gross der ist, das kannst bei den guten Modellen auswählen. Bei meinen rumpelt der zwischen 6 und 20 Millimetern rum. Wie das eingestellt wird, das verrät die schnöde Bedienungsanleitung (ja, ich hör Dich stöhnen und ächzen. Guck da rein: Lohnt sich und macht auf keinen Fall blöder. Die Zeiten, in denen man das Ding aufgeschlagen hat um nachzugucken, woran das jetzt eigentlich liegt, dass das Teil kaputt ist – die sind definitv gelaufen. Dafür ist die Technik zu komplex geworden.)
Spot nimmst, wenn es tatsächlich nur auf einen kleinen Teilbereich im Gesamtbild ankommt. Einen, der Dir wichtig ist, sonst würdest da keinen gesteigerten Wert auf ordentliche Belichtung legen. Also zum Beispiel ein Gesicht. Im Gegenlicht, vielleicht. Vor einer dunklen Wand, vielleicht. Bei sonstigem Kontrastterror, vielleicht. Korrekturwerte für Kohlen und Gesicht hast Du noch im Hinterkopf ? Youpi.
Der Spot kann wandern. Jahaaaa – mit dem ausgesuchten AF-Messfeld rennt der mit. Wahnsinn.
Spaziergang : Mattscheiben
Getauschte Mattscheiben sind gerne ein Fluch. Das veräppelt anfangs viele, die oft mit manuellen Optiken arbeiten und sich zur « Erleichterung » eine Mattscheibe mit Schnittbildindikator unterm Prisma reingefummelt haben (Was im Übrigen den bei den werksmässig verbauten Dingern « sichtbaren » Schärfebereich einer Blende 4 ein wenig nach oben kompensiert) Ein Schnittbildindikator, der besteht aus einer kleinen, halbierten Linse mittendrin (wobei die mit horizontalem Schnitt meiner bescheidenen Meinung nach auch schon wieder doof sind, weil man da doch ganz gerne eine Hilfslinie durchzimmert. Also vom Motiv, muss ja nicht immer gleich der Horizont sein. Solche mit 45°-Schnitt sind deutlich geiler). Und wegen dieses kleinen Dingens kanns zu lustigen Messergebnissen kommen, wenn der AF-Indikatorvogel mit dem mittleren Element da rumwurschtelt. Canon sind übrigens dagegen deutlich empfindlicher als die Konkurrenz. Nur so am Rande. Und wer wie meiner einer auf Vollmattscheiben steht, der mache nach dem Einbau Belichtungsreihen und ‘eiche’ den internen Belichtungsmesser neu ein. Die extrem hellen, die so beliebt sind, weil sie den ‘Sichtbereich’ bis auf Blende 1.4 hochschrauben, die reflektieren für die kamerainterne Grundprogrammierung total wirres Zeug. Wie die Korrektur geht ? Richtig. Das Papierwerk. Da wars schon wieder. Halb zerfleddert, inzwischen.
Mittenbetonte Messung
Mittenbetont heisst : Einen Punkt in der Mitte, ca 12 mm im Durchmesser, der gleichzeitig die Kuppe eines Hügels darstellt, dessen Flanken nach rechts und links hin abfallen. 60% der Messung kommen aus der Mitte sowie direkt rechts und links davon und unten, um dem Himmel die Chancen zur Unterbelichtung zu nehmen, 40% vom Rest des Sucherbildes. So ungefähr. Einfache Geschichte und seit Ewigkeiten gut brauchbar. Das Ding von Nikon ist seit Anfang der 1970er legendär. Tut mir leid, ist aber so. Kamen andere Ewigkeiten lang nicht hinterher. Und als die endlich soweit waren, 1983, da führte der Tüftlerclub aus Shinjuku die Matrixmessung ein und war schon wieder einen gewaltigen Schritt weiter vorne. Nikon FA hiess seinerzeit das Wunderding. Die erste jemals in einer SLR eingebaute Blendenautomatik gab das mit dazu. Korrekturwerte wie gehabt im Kopf des Bedieners.
Matrixmessung
Matrix oder ‘evaluative metering’ ist die Königsdisziplin der Programmierer. Hier wird das gesamte Sucherbild von der Software auseinanderklamüsert (grob kann man sich das als fünf Sektoren vorstellen) und untersucht und dann anhand zigtausender hinterlegter Szenarien eine Belichtungszeit ermittelt, die in sagen wir 95% aller Fälle zu sehr brauchbaren Ergebnissen führt. ‘Schwerpunkt’ der Messung ist wieder das ausgesuchte AF-Messfeld. Um dem Ganzen noch eines draufzusetzen lässt Nikon (Canon weiss ich nicht) noch eine « 3D-Colour-Matrix-Farbmessung » in die Geschichte mit einfliessen ; hier werden sogar Farben mit berücksichtigt. Funktioniert mit den hochmodernen Optiken ab AF-D, mit älteren Modellen nicht. Weiteres steht dazu in der ollen Bedienungsanleitung zum Gerät. Führt dazu, dass man je nach angeflanschtem Objektiv ab und zu bei der manuellen Korrektur verkaspert wird und sollte daher im Hinterkopf bewegt werden. Wenn Weiss nämlich wieder beinahe ein Weiss ist und nicht mehr nur Grau.
Aufgrund des Umstandes, dass das through the lens gezaubert wird, kannst auch bedenkenlos einen Grauverlaufsfilter vor die Optik schieben ; das Ding wird mit berücksichtigt und entsprechend bewertet. Vorbei die Zeiten, als man sich noch kurz Gedanken über Verlängerungsfaktoren gemacht hat (gut, ganz überflüssig ist so ein Wissen nicht – es interessiert mich schon ein wenig, ob ich mit dem 0.6er hinkomme oder doch lieber dunklere Geschütze auffahren muss, damit zB im Himmel noch sowas wie Zeichnung ist … bei Neutralgraufiltern ist Vorsicht angesagt, die können ab einem gewissen Punkt die Messung völlig aus dem Ruder laufen lassen. Liegt daran, dass das System so dermassen ausgereizt ist, dass sich der Rechner irgendwann sagt, dass die Gesamtszenerie sooooo duster nicht sein kann – sonst würden die Farben nicht so und überhaupt – und belichtet hemmungslos unter. Passiert ab ND 0.9 häufig, ab 1.2 aufwärts auf jeden Fall.)
Richtig ins Schleudern kommt die Matrixmessung auch bei allen möglichen Gegenlichtsituationen sowie bei extremem Streiflicht, also Licht nur von einer Seite. Da war was mit ‘Motivkontrast’ …
Und noch ein kleiner Ausflug : Wohnort der Messzellen für die Belichtungsmessung
Die Messzellen für den Belichtungskram wohnen (zumindest bei Nikon und Canon – es soll Hersteller geben, die das anders lösen) oben mit im Prismengehäuse drinnen und lugen – wie schon erwähnt – keck auf die Mattscheibe. Einzige mir bekannte Ausnahme ist die Nikon F3, bei der wegen des damals noch üblichen Wechselsuchers die Belichtungsmessung im Gehäuseboden untergebracht war. Ihre Informationen hat das Ding über einen Hilfsspiegel hinter dem eigentlichen Hauptspiegel erhalten. Der Hauptspiegel ist an der Stelle halbdurchlässig und der Hilfsonkel hängt dahinter und klappt sich mit hoch, wenn das andere Ding nach oben fliegt. Das war 1980 und so ganz beiläufig eine richtig bahnbrechende Erfindung auf dem Weg zum Autofokus. Denn dessen Messwerk wohnt auch heute noch im Kameraboden. Hätte es ohne die F3 wahrscheinlich noch länger nicht gegeben 🙄 . 1988 erfolgte der Startschuss ins heutige Zeitalter der Kameratechnik – F4 nannte sich das Monster und es war und ist der grösste Meilenstein seit der Erfindung der Fotografie. Die Belichtungsmessung wurde wieder in den Sucher gepackt – daher sind die Wechselsucher für die 4 auch so sündhaft teuer, AF-Gerümpel unten rein.
DER Meilenstein ist die F4 deshalb, weil nicht nur der Motor für den Filmtransport erstmals im Gehäuse selbst untergebracht war und das Ding einen brauchbaren AF an Bord hatte, sondern weil sie die erste Profikamera mit Matrix und 3D-Colour-Matrix-Messung war. Der Matrixmessung war es auch egal, was da für ein Objektiv vorhing. AF oder die guten alten manuellen AiS – das stört die Messung nicht und setzt sie auch nicht ausser Betrieb. Zudem war sie die erste Kamera mit Objektivkontakten oben am Bajonett, die die Übertragung lustiger Werte wie Entfernung zum Objekt und so Sachen an die Kamera ermöglichen. Das wiederum brachte die Blitzerei mit den Aufsteckdingern gewaltig nach vorne. Ja, ihr Strobisten da draussen, da kommts her. Und war so nebenbei Ausgangspunkt für im Objektiv selbst eingebaute Motörchen zum flotten und flottesten Einstellen der Entfernung. Elektrische Blendensteuerung kommt einem da eher schon als Nebenprodukt vor. Die Einführung eines Sensors statt Films ist gegen diesen ganzen Kram kalter Kaffe. Das einzige, was die F4 nicht macht, ist, den Wackeldackel der VR-Linsen zu unterstützen. Dafür fehlt ein Kontakt. Allerdings beherrschten die Fotografen damals noch eine vernünftige Kamerahaltung 😯 (sowas geht heutzutage ganz offenbar auch flöten, wenn man die empörenden Ausrufe hört, warum denn Optiken mit 50mm Brennweite und weniger IMMER noch keinen Zappelphillipp hätten 🙄 ) Mit anderen Worten : An das Ding kannst jede Optik, die seit 1977 bis jetzt die Bänder verlassen hat, dransetzen und sie werden ihren Job tun. Jede. Mit ein wenig Bastelarbeit selbst die non-AI seit 1959. Automatikmodi P und S funktionieren natürlich nicht mit manuellen Optiken, aber so what ?Gut, weil das Zeug für die Belichtungsmessung im Sucher mit untergebracht ist, kann es von durchs Okular einfallendem Licht durcheinandergebracht werden. Solange da ein Auge des Künstlers hinterklebt und durchlugt, ist das egal. Wenn dem aber nicht so ist, wirds zum Problem. Gute Modelle haben daher einen kleinen Hebel, der das Okular verschliesst. Alle anderen haben entweder am Gurt mit dran so eine kleine Plastikkappe angetüdelt, deren Sinnhaftigkeit uns schon so oft beschäftigt hat, oder eine extra beliegende und beim ersten Auspacken schon verloren gegangene Kappe zum Aufschieben. Leute, nutzt das Ding, wenn es erforderlich wird ; es hat seine Daseinsberechtigung 😯
Die « Berechnungsmodi » der Kamera
Dank immer leistungsfähigerer Rechner in der Kamera drinnen haben uns die Hersteller einiges an Hilfsmittelchen zur Seite gestellt, die das Arbeiten erleichtern sollen. Und das auch ganz doll fröhlich und gut machen, wenn man denn einmal dahintergestiegen ist, was sich für was eignet und was was überhaupt veranstaltet.
A / Av
Aperture Value. Heisst nichts anderes, als dass die Blende fest von Dir vorgegeben wird und sich die Belichtungsmessung nur noch an der Zeit zu schaffen macht. Wie weit sich das bei Deiner schwarzen Kiste mit der ISO-Automatik koppeln lässt, das guckst bitte in der Bedienungsanleitung nach, ja ? Danke. Diese Einstellung ist eigentlich meine liebste und daher auch mit der manuellen Korrektur im Verbund die am häufigsten genutzte, weil ich mit der Blende meinen Schärfebereich festlege und mir da eher nicht so gerne reinpfuschen lasse. Echt, jetzt.
S / Tv
S wie « Schpocht » 😉 Nee, ganz so ist es nicht. Kann ja sein, dass Du gezielt was verwischen lassen willst. Also, Du gibst eine Zeit vor und der Rechner im schwarzen Kasten fummelt die passende Blende dafür zusammen. Zum Zusammenspiel mit irgendwelchen ISO-Automatiken – wie vor. Hab ich wenig Erfahrung mit, weil ich im Zweifel eher meine ISO händisch änder oder einen Graufilter vor die Optik setze, als mir in meinen Schärfebereich reinreden zu lassen.
P / P (C)
Vollautomatik bei festeingestellter ISO bzw. automatischem ISO-Gedöns ; ausser einer gezielten Über- / Unterbelichtung hast keinen Einfluss auf das, was da gemacht wird. Kann funktionieren, kann eventuell auch richtig gut aussehen, hab ich aber überhaupt keine Erfahrung mit. Geb ich offen zu. Allerdings hat es seinen Grund, warum es diese Einstellung auch bei den Profibodies immer noch gibt.
« C » ist spezifisch Canon und macht das gleiche wie « P », aber mit ISO-Automatik.
M
Alles von Hand. Blende, Zeit, abhängig von den eingestellten ISO. Der interne Belichtungsmesser zeigt Dir nur an, wie weit Du in welche Richtung danebenliegst und dann drehst an dem einen oder anderen oder beiden Rädern, bis es sich in Nullage einpendelt und passen sollte. Da habe ich ebenfalls viel Erfahrung mit, dazu aber gleich noch was.
Die Canon-Leutz haben teilweise noch « B » für « bulb » = Langzeitbelichtung. Steckt bei Nikon in « M » mit drinnen. Nach den ’30 sec’ 😉
Motivprogramme
Soll ja Kameras geben, die auch so was haben. Ist keine Schmach und sogar recht brauchbar, wenn du denn weisst, was da veranstaltet wird 😉 Dazu musst wissen, dass die von Standardsituationen ausgehen, wie der durchschnittliche Betrachter sie hinterher am Monitor oder auf Papier zu sehen wünscht.
- Landschaft : ( möglichst gestochene ) Schärfe von vorn bis hinten. Heisst nichts anderes als Blende zu, ISO weitmöglichst runter und damit langsame Zeiten
- Portrait : Blende eher offen (aber nicht Anschlag, so schlau sind die nämlich – eher ‘erträglich’ offen), damit der Hintergrund zumindest im Ansatz in der Unschärfe verschwindet. Bedeutet also ISO egal wo, Hauptsache die Offenblendgeschichte lässt sich irgendwie mit den Verschlusszeiten vereinbaren.
- Gegenlichtportrait : wie Portrait, aber mit Aufhellblitz
- Läufer : Schpocht. Blende egal, Hauptsache kurze Verschlusszeit. Mitzieher und fein verwischter Hintergrund wird eher nicht funktionieren, in dieser Einstellung.
… und den Rest guckst bitte in der Bedienungsanleitung nach. Ich hab eine Vorstellung davon, was bei Nacht, Feuerwerk und trallala passiert, aber wozu das alles erzählen ? Belichtung kannst bei den Dingern eh nur über +/- ein klein wenig beeinflussen respektive ‘überrumpeln’. Was bei den kleinen Klitschen richtig gut kommt ist, wenn Du Bildaufbau beherrscht, mal einen anderen Blickwinkel als nur aus dem voll aufgerichteten Stand nimmst und über solche netten Geschichten das Aha-Erlebnis auf die planche holst.
Ein Wörtchen zu « M »
Manche Knipser meinen, ein reines Arbeiten – vor allem vor ‘Publikum’ in freier Wildbahn – in « M » sei voll profimässig 😮 und drehen im wahrsten Sinne des Wortes am Rad.
Das ist Unfug.
« M » machst Du, wenn es erforderlich ist. Draussen mit Blitz an Mutter Natur ihrem Busen zur Steuerung der Helligkeit des Hintergrundes. Im Studio ditto, sofern Du das da nicht eh auch über die Helligkeit der Lampe ganz hinten machst und im Rahmen bis zur kürzestmöglichen Synchronzeit der Blitze ; bei Mehrpunkt-, Detail- oder Ersatzmessung oder wenn Du vorher eine Lichtmessung (Handbelichtungsmesser mit der Kalotte) gemacht hast und das Licht sich nicht grossartig weder in Stärke und / oder Richtung ändern wird. Mit anderen Worten : In den 5% aller Fälle, in denen die ‘normale’ Messung des technischen Wunderwerks in Deiner Hand an ihre Grenzen kommt. Oder Deine Kamera nichts anderes kann ausser manuellen Zeiten und Blende.
Wie viele von diesen « Profis in M » laufen denn mit gezückter Graukarte oder Belichtungsmesser durch die Gegend ? Merkste was ? 0815-Situationen mit « M », das kostet nur Zeit. Die ganzen ausgeklügelten Automatiken wurden dazu erfunden, das Drehen am Zeitenrad auf ein absolutes Minimum zu reduzieren, damit Du Dich als Fotograf mehr auf das Motiv denn auf die blöden Kameraeinstellungen konzentrieren kannst. (Ich wiederhol es nochmal : Das Wichtigste spielt sich VOR der Kamera ab und damit bist du als Typ hinter dem Ding raus aus dem Rennen. Mach einfach deinen Job. Das Menschlein da vorne, das ist wichtiger, als die Technik und vor allem das Gebrabbel darüber. Ganz einfache Geschichte, die für manchen Knipser scheinbar absolut nicht nachzuvollziehen ist. Wie mit modernen Autos – stell dir einfach vor, die würden dir bei jeder Fahrt erzählen, was da gerade dolles abläuft. So laut kannst gar nicht Musik hören 🙄 )
Was macht denn der interne Belichtungsmesser der Kamera in A, S, P, M, bei Spot, Mittenbetont oder Matrix ?
Aha. Er misst reflektiertes Licht. Und zwar immer auf die gleiche Art und Weise. Und er kann keine Lichtmessung. Wird er niemals können. Also schmeiss Dein Hirn an und überleg lieber ganz kurz, welcher Modus mit welchem Lichtmessgedöns Dich am flottesten arbeiten lässt. Und nochmal : Behalt lieber die manuelle Über- / Unterbelichtungssteuerung im Auge, dass die auch immer artig wieder auf Null geht. Die wirkt sich nämlich – weil sie den Wert für das Neutralgrau verschiebt – auf ALLE Modi aus, ob es nun passt, oder nicht. Bei manchen Kameras auch in « M », wenns vorher in einer anderen Automatik eingedreht wurde. Und schlägt gnadenlos zu, wenn du anfängst, in M irgendwas anzumessen. Ignorieren kannst das nur dann, wenn deine Werte aus einer anderen verlässlichen Quelle kommen. Der gute Handbelichtungsmesser, da war er wieder. Gell ? Kamera kann nur Objektmessung.
Verinnerlich den ganzen Mist, übe, übe, übe, bis die Bedienung der Kamera und ihre für Dich wichtigsten Einstellungen ein Teil Deines Selbst geworden sind. Wie fahren. Automatismen. Aus dem Unterbewusstsein. Lamentier nicht drüber rum, MACH. Denn nur dann kannst Dich voll und ganz dem widmen, was am wichtigsten ist : Deinem Motiv. Und jeder, der da vor Dir rumtanzt und sich ablichten lässt, wird es dir von Herzen danken, wenn du sie / ihn nicht mit technischem Mist dichtsülzt oder da nur mit deinem schwarzen Gerät rumfummelst, weil irgendwelche Kinkerlitzchen wieder nicht stimmen. (Das gilt im Übrigen auch für alle, die meinen, im Studio sei ein Blitzbelichtungsmesser ein « nice to have » 🙄 Ist. Es. Nicht. Es ist ein « must have ». Mit der Kamera kannst Du die Lampen nicht so einmessen wie es muss. Das geht nur mit einem gescheiten Belichtungsmesser. Rumfummeln und hilflos immer wieder hinten aufs Display starren, ob es denn nun endlich mal einigermassen passt : Es wird sich jemand fürchterlich anfangen zu langweilen und Zweifel an Deiner Kunst bekommen. Und das ist auch völlig berechtigt 😯 ) Lass es einfach sacken.
😉

Laëtitia, Paris 2013
Kommen wir damit zur grössten Erfindung der Menschheit seit der Erfindung des Rades, der Fotografie, des Bugstrahlruders, des Rollkoffers : Dem Histogramm.
Das Histogramm
Das Histogramm auf dem Monitor in der Bildervorschau verrät mir auf einen kurzen Blick, ob die (allgemeine ( ! ) ) Belichtung des Bildes in Ordnung geht oder nicht. Sogar bei fiesem Sonnenschein und wenn auf dem Ding – also dem Monitörchen da – sonst fast nichts zu erkennen ist. Wichtig für uns ist dabei jenes in schwarzweiss ; das allein zeigt die allgemeine Helligkeitsverteilung im Bild (rot, grün und blau zeigen lediglich die Werte der jeweiligen Grundfarben ; das soll uns erst einmal weniger interessieren. Interessant ist für den Portraitfotografen das rote, welches Ausreisser in den Hauttönen anzeigen kann – bei Kameras der gehobenen Preisklasse kann ausgewählt werden, ob die Überbelichtungswarnung auf ausfressendes Weiss oder auf eine Farbe bezogen angezeigt werden soll.)
Du wirst bitte NIE NIE NIE das kleine Vorschaubildchen auf dem Monitor danach beurteilen, ob die Belichtung richtig ist oder nicht. Das Ding kannst zur groben Schärfebeurteilung benützen oder ob der Augenaufschlag passt. Belichtung geht nach Histogramm und nichts anderem. Schreib Dir das bitte hinter die Ohren. Danke.
Die Entdeckung des Histogramms durch viele Fotografen hatte übrigens noch einen unschätzbaren Vorteil : Weil nun unheimlich viele meinten WOW ! Das ist eine total tolle Sache, endlich kann ich meinen blöden Belichtungsmesser in die Tonne treten oder in der Bucht verhökern ! Weg mit dem Dreck … ich kann alles, aber auch wirklich alles mit dem Histogramm in den Griff bekommen … wurde der Markt mit hochwertigen Geräten förmlich überschwemmt. Und so kam auch der Autor für einen Bruchteil des Neupreises zu seinem Gerät. Mit Cinegedingenskram. Schiet was auf Abschreibung, héhé. Beruhig Dich wieder – auch diese Zeiten sind vorbei. Sind doch ein paar vernünftig gewordene oder gebliebene dahintergestiegen, dass es im Studio ohne einfach nicht geht. Jedenfalls nicht, wenns professionnel sein und hinterher sofort gut aussehen soll. Ist wie mit den guten manuellen Optiken. Weil jeder Hans und Franz meint, vollmanuell und zudem am Pfollpformat (auf normaldeutsch : 24 x 36mm Kleinbildformat) sei unendlich cool, gingen die Preise erst Richtung Apotheke und, nachdem die wegen Reichtums geschlossen bleibt, jetzt Richtung Mond. Die Videoleutz tragen ihr Scherflein auch noch dazu mit bei – lange Wege zur Schärfeverstellung freut den ersten Assi – bei relativ offener und richtig offener Blende zählt der 1/10 Millimeter Drehweg, ob es voll daneben liegt oder weiterhin passt …
Was das Ding im einzelnen wie veranstaltet, das kannst zusammen mit Tante Guhgl rausfinden. Grundsätzlich fürs Hirn zum dauerhaften Merken sei : ganz links ist schwarz, ganz rechts weiss, mittendrin alles andere. Schön ist es, wenn sich weder ganz links noch ganz rechts dicke Balken befinden oder das Ding irgendwie irgendwo auf halbem Weg vor allem nach rechts schon aufhört. Einzelne, abgesetzte Linien ganz aussen schaden nicht. Guck Dir Dein Bild dazu an und Du wirst merken, dass sowas (rechts) gern von einer eingeschalteten Laterne oder sonstigen Lampe oder weisses Blatt Papier oder kleinen Wolke kommt oder (links) von irgendwas, möglicherweise verschwindend kleinem Dunklen. Ob da jetzt bis ins letzte erkennbare Zeichnung drin ist, musst selbst entscheiden. Vergiss dabei nicht, dass beim Druck das Papier bei Weitem nicht den ‘Dynamikumfang’ hat, den der Kamerasensor in petto hält.
Expose to the right
« Expose to the Right » oder wissend raunend « ETTR » 🙄 . Belichtung im Histogramm nach rechts parken ist was für Leute, die gerne vorm Rechner rumlungern 😮 Nee, ist es natürlich nicht, aber Nachbearbeitung ist bei der Methode unumgänglich 😉 Fotografiert wird in RAW, hier gibt das keine zwei Meinungen, weil das Bild in der ersten, unbearbeiten Ansicht auf dem Rechner gerne fürchterlich aussehen wird. Direkt verschicken kannst so was nicht, drucken auch nicht. Ich erwähn das hier nur der Vollständigkeit halber 😉
Basieren tut die Geschichte auf dem Umstand, dass das Histogramm eben nicht linear funktioniert, sondern vielmehr in über den Daumen fünf Abschnitte untergliedert werden kann. Dabei wird die überwiegende Zahl der Tonwerte in den hellen Bereichen angezeigt. Der Fachmann staunt, der Laie wundert sich. Ist so. Krümeln wir mal ein 12-bit RAW, das 4096 Tonwerte beinhalten kann auseinander, so ergibt sich in etwa folgende Verteilung von rechts nach links :
- erster Block ganz rechts 2048 Tonwerte
- zweiter Block 1024 Tonwerte
- dritter Block 512 Tonwerte
- vierter Block 256 Tonwerte
- ganz linker Block 128 Tonwerte
Um das nun auszunutzen, also einen möglichst hohen Tonwertumfang im Bild zu haben, bietet es sich an, das Bild so bis zum Erbrechen zu belichten, dass sich zum rechten Rand hin ein Hügel auftut, der aber keinen fetten Balken da baut. Das hat wenig mit Belichtungs« messung » mehr zu tun, sondern wird zu einem « Guck nach und versuchs nochmal »-Spiel, bis das Ding da rechts gerade eben andockt. (Nein, Spotmessung auf die Lichter reicht nicht – da war was mit Neutralgrau bei Objektmessung durch die Kamera, schon wieder vergessen ? … ) Und dann viel Spass mit Pinsel und Paletten im Nachbearbeitungsprogramm des Vertrauens 😉 .
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Zur Wiederholung :
Portraits – die basics
Vom Licht I – bewölkte Tage
Vom Licht II – bei strahlendem Sonnenschein
Vom Licht III – Licht am Fenster
Vom Licht VI – Licht sehen
Portraits noch mal – Kleinkram