publié le 13 mai 2013

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Annerieke. Nieuwendam, 2014.

Es taucht immer wieder die Frage auf, was zu tun und zu beachten ist, wenn da mit einem Male zum allgemeinen Entsetzen ein anderes Menschenwesen vor der Kamera rumsteht und abgelichtet werden möchte. Du hast die fette Ausrüstung, hoffentlich einen Plan der fotografischen Grundlagen, Bildgestaltung hat für Dich nichts mit Kunst zu tun, ist kein Fremdwort sondern Mittel zum Zweck, und nun mal her mit den Bildern. Wuss ? Ich ? Gottogottogott.

au petit matin dans la ruelle
au petit matin dans la ruelle

Nun denn, damit das nicht ewig und drei mal wieder neugeschrieben werden muss, habe ich das mal in einem Schwung zusammengetippelt. Und zwar ausschliesslich die basics, ganz ganz wenig zur technischen Seite, das würde jetzt den Rahmen sprengen, kann zunächst auch sonstwo nachgelesen werden, geht auch mit Funzelblitzen (strobist, gell) oder auch ohne und irgendwas sollt Ihr auch noch selber machen. Ich kann den technischen Overkill auffahren, den hinterher beim Begucken des Bildes keiner ahnt, aber den Stromanbieter dazu veranlasst, das mit den Abschlagszahlungen fürs kommende Jahr kräftig zu überdenken und dann in Höhen zu treiben, dass einem schlecht wird. Ich kann aber auch mit einem weissen Bogen Papier was anfangen. Mit einem schwarzen ebenso.

Der ganze nachfolgende Krempel hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit, ist absolut kein Zwang und spiegelt auch meine ganz persönlichen Ansichten wider, die sich so im Laufe der Zeit angehäuft haben. Du kannst tun und lassen, was Du willst. Aber sei nicht beleidigt, wenn Du mir Bilder zeigst und … nun ja.
Ok. Das vorausgeschickt : Rock’n’Roll.

Die ultimativen basics im Schnellwaschgang

• achte drauf, dass keine komischen Sachen aus Kopf und Schultern wachsen
• achte drauf, dass keine Horizontale den Kopf vom Rumpf trennt
• achte drauf, dass der Hintergrund aufgeräumt ist. Unruhe da hinten nervt schnell.
• Schneide Gliedmassen nie nie nie auf Gelenken ab
• nie nie nie Nylons in vorne offenen Schuhen
• Oberkörper / Schultern parallel zur Horizontalen sieht schnell doof aus, leichter Versatz bringt Dynamik
• zieh Dir die Grundlagen zum Bildaufbau rein ; Person platt in die Mitte geklatscht ist schnell langweilig. Bau Dreiecke.
• Wirbelsäule parallel zur Vertikalen ist genauso doof wie die Sache mit den Schultern von eben
• Ganze Person parallel zur Filmebene bringt mindestens 10 Pfund Mehrgewicht. Mit Armen direkt am Körper 15
• bei Posen fragst ab und an nach, ob sich das noch natürlich anfühlt
• das Wichtigste sind die Augen
• kein Mensch hat gleichgrosse Augen ; finde raus, welches das kleinere ist und positionier es kameranäher
• finde eh raus, welches die Schokoseite ist
• wenn Du nah rangehst und beide Augen zu sehen sind, mach die Blende soweit zu, dass die nicht matschig werden (völlig unscharfes Matschauge kommt noch vor Brandmalen)
• strahlender Sonnenschein draussen ist meistens schayze ohne Hilfsmittel, um gegen die Kontraste anzukommen
• hast Du draussen einen unruhig wirkenden Hintergrund, nimm eine lange Brennweite
• wenn Du viel Haut zeigen willst / sollst / darfst, bring ihr schonend bei, die Nacht ohne Klamotten, die Gummizüge haben, zu verbringen
• Geflügelkombi sieht in 99 von 100 Fällen nicht gut aus
• leicht geöffnete Lippen sehen nur bei geübten Modellen nicht billig aus
• Tendenz zum Doppelkinn wird vermieden, wenn das Kinn leicht nach vorne oben gestreckt wird
• wenn Du sie mit im Bild hast, veranstalte irgendwas mit Armen und Händen
• Arme direkt am Körper machen ihn breiter, als er ist
• Hände machen sich ganz gut, wenn das Handgelenk nicht gerade ist und die Finger ganz leicht gespreizt sind
• Füsse direkt von vorn war noch nie nett anzuschauen
• Fussunterseiten zeigst nur, wenn die aus einem Kosmetikkatalog stammen
• wenn das Modell sitzt, schick es ins Hohlkreuz. Schwupps verschwinden die teuer angesoffenen Cocktailrollen oberhalb der Hüfte
• wenn Du Richtungsangaben machst, immer aus Sicht des Modells (« das andere links »)
• wenns nicht den Eindruck des hilfebedürftigen Hascherls erwecken soll, ist die Kamera bei Oberkörperportraits auf Brusthöhe, bei Ganzkörper auf Höhe der Hüfte
• zu viel Augenweiss lässt sich vermeiden, indem der Kopf leicht gehoben wird, ohne den Blick zu ändern
• Augen bekommen Leben, wenn ihr euch unterhaltet
• in Stöckelschuhe gesteckt, wundert man sich, welch astreine Körperhaltung dabei rumkommt
• schlichtes Puder vermeidet unschöne Glanzstellen aufgrund Hautfetts
• ausfressende Lichter können Gestaltungsmittel sein – aber nicht im Gesicht
• absaufende Schatten können Gestaltungsmittel sein – aber nicht im Gesicht
• man glaubt gar nicht, was sich alles mit nur einer einzigen Lichtquelle zaubern lässt
• halt das Modell bei Laune
• habt Spass
• Auf der technischen Seite brauchst Du erst einmal nichts weiter, als Deine Kamera und Deine Augen.
• Denk vom Endergebnis her. Wie soll das fertige Bild aussehen ? Was hast Du davon für eine Vorstellung ? Danach orientiert sich der Einsatz der Technik und an nichts anderem. Wenn Du eine Situation vorfindest, für die Du die Technik nicht dabeihast : Denk Dir was anderes aus. Werd kreativ. Ein guter Fotograf zeichnet sich dadurch aus, dass er auch unter widrigen Bedingungen noch irgendwas hinbekommt, ohne gleich rumzujammern hätte könnte sollte 😉
• Denk ganz einfach, ganz simpel.
• Du kennst die Räumlichkeiten, in denen fotografiert werden soll ? Guck Dir (gerne vorher) genau an, was da alles an Licht, an « ohnehin vorhandenen » Aufhellern und sonstigen Lichtmöglichkeiten schon drin ist.
• Ist Ganzkörper erforderlich ? Muss das Gesicht von beiden Seiten « perfekt » ausgeleuchtet sein ? Was ist eigentlich mit einem « Film Noir » Stil ? Bringt es was, wenn das modell nah am Fenster plaziert wird ?
Entwickel eine Idee, wie Du mit Deinem Equipment da das meiste bei rausholen kannst. Sofort losrennen und kaufen kann jeder Depp.
• Reflektoren sind eine hervorragende Sache (und zwei sind bessser, als einer), allerdings sind die Billigteile Wegwerfartikel (miese Reissverschlüsse und schludrige Vernietung des Stahlbandes im Innern). Weisse Bettwäsche, Alufolie, Goldfolie (Rettungsfolie. Zwei Euro fuffzig, die sich lohnen ; eine Seite Alu, die andere Gold. Knitter das zusammen, dann streuts angenehmer und macht nicht nur Spiegel. Goldseite ist in Innenräumen schnell too much an Gelbrotanteil, Silber ist besser) gehen auch ganz gut. Nur Glanz in die Augen ? Buch, Zeitung, weisses Blatt Papier sind hervorragend geeignet.
• Du weisst darüber Bescheid, wie weit Du die ISO Deiner Kamera strapazieren kannst. Es muss nicht immer alles glattgebügelt sein, um Wirkung zu entfalten. (Genauso, wie diese hochgezüchteten « knackscharfen » Optiken von heute für Portrait einfach mal richtig blöde sind ; Hautporen en détail sehen einfach nicht gut aus, solange das Bild nicht für den Dermatologenfachkongress ist)
• Blitzerfahrung ? Nein ? Dann lass es (erst einmal) dabei bewenden und spar Dir das für später. Die Aufhellfunz Deiner Kamera ist mächtig. Mach Dich mit dem Ding vertraut. Wie weit lässt sich da die Stärke reduzieren ? Was hat das für Auswirkungen ? Nutz das Teil nicht bei sehr weitwinkligen Bildern, wenn Du nicht auf Objektivschatten stehst ; dafür sitzt das Ding schlicht nicht hoch genug. Streut nicht genug ? Klemm Butterbrotpapier davor. Selbst auf geringster Stufe immer noch zu hell ? Tempotücher reduzieren das noch weiter runter.
• Zur « Basisausrüstung Portraitköfferchen » gehört : Rettungsfolien als Notaufheller, ordentliches Stück schwarzer Stoff zum Lichtweghalten (Molton oder Samt sind da die « Luxusvarianten »), Damensöckchen oder Nylons in scharz und weiss, um Weichzeichner zu machen, Gummibänder in verschiedenen Grössen, eine Rolle Gaffa (und zwar das gute ; mit dem billigen ärgerst Dich hinterher über die Klebereste raschelig), Leimklemmen aus dem Baumarkt in verschiedenen Grössen (von denen hat man IMMER zu wenige …), Rolle Blumendraht, um Kleinteile in Position zu brinen oder zu halten, Rolle Schnur, ne grobe Stopfnadel, Taschenmesser mit Schere, Taschentücher, Taschenlampe (gerne LED mit verschiedenen Einstellmöglichkeiten), Haarspray, Puder, Reinigungstücher … Mit dem Geraffel kannst auch ohne aufwendige Stativbauereien Sachen irgendwo antüdeln und festpinnen und Kram veranstalten, von denen andere immer noch denken, das ginge nur in Photoshop.
• Draussen dunkle Schatten unter den Augen, aber keinen Aufheller ? Such Dir irgendwas, wo Licht von oben weggehalten wird. Einen Durchgang, ein Überdach. Positionier das Gesicht zum Licht hin. Betonwand in der Nähe ? Die reflektieren richtig toll. Alles nicht ? Sandfläche ? Auch nicht ? Pack ein weisses Hemd oder T-Shirt mit ein und geh Richtung Boden. Wenn Du so ein Rettungsdingensteil nimmst, unterschätz den Blendeffekt nicht. Hat das Modell selber schon einigermassen helle Klamotten an ? Bring es in eine Pose, in der die Sachen den Aufheller ersetzen. Wie ? Soll sich setzen, Beine an den Körper und Arme über den Knien verschränken, zack, da passiert was in den Augen.
• Draussen nutz frühes Morgenlicht oder den späten Nachmittag, da kommt das ganz von allein in einem netten Winkel. Geht nur Mittags ? Brüllender Sonnenschein und nichts zum Abschatten ? Irgendwo findet sich eine Ecke, die nicht in der prallen Sonne liegt. Such die berühmten « pockets of light ». Oder geh unter einen Baum (Weissabgleich dabei nicht vergessen, sonst wirds grün im Gesicht). Hier gibt das kostenlose spotlights.
• Kleine « Fingerübung » zum Schattenwurf : Heute abend mal eine Hand unter die Schreibtischfunz halten und dabei den Schatten beobachten. Mal näher ran an die Lichtquelle, mal weiter weg. Es tut sich was. Übertrag das auf draussen und nutz es entsprechend.
• Lichtquantität und -qualität sind zwei grundverschiedene Paar Schuh. Und die Sonne ist eine kleine Lichtquelle.

Posing

Was soll das Modell denn nun veranstalten, damit das « nett » aussieht ? Seit Anbeginn der Darstellung eines dreidimensionalen Körpers auf einer zweidimensionalen Fläche haben sich einige Regeln etabliert, die das vereinfachen, Hilfestellung geben, damit man zum Ergbnis kommt (Regeln sollen gebrochen werden, klarer Fall. Es macht die Sache aber deutlich einfacher, wenn ich weiss, was ich da überhaupt brechen kann …).
Die « Grundtypen » der Posiererei :
Traditionelle Pose Wie die aussieht ? Bemüh eine Suchmaschine Deiner Wahl. Geeignet für Business, Jahrbücher, Führungsposition, ehr- und ruhmreich, « repräsentative » Person, Macht, klassische Eleganz, Respekt, Gesundheit.
Kopf- / Schulter und Ganzkörperportrait. Linares Posing, leichte Körperwinkel. Gerne im Stehen wegen der entsprechenden Garderobe. Finsteren, zu ernsten Blick vermeiden. Arme weg vom Körper, such Dir Hilfsmittel, wie zB eine Stuhllehne.
Casual Pose für Familie, Freunde, Lover. Entspannte Haltung, mehr Körperwinkel. Liegend, sitzend, fläzend. Arme auf Beine vielleicht ? Kinn in der Hand aufgestützt ? « Natürlich wie im Alltag »
Journalistische Pose bildet den Menschen in seiner Umgebung ab. Eigentlich ist das kein Posieren, wenn das Model bei seiner Tätigkeit fotografiert wird. Grenzbereich von « natürlichen » Bewegungsabläufen zur gestellten Aufnahme, die nicht gestellt aussieht. Mach, dass das Model Dich vergisst und Du hast schon so gut wie gewonnen.
Glamour Jahaaa ! Da willst jetzt was wissen, gell ? Mach es so anziehend wie nur irgend möglich. Streng Dich an, hier verrat ich jetzt nichts zu 😉
Gruppen : Jeder sollte individuell erscheinen und dabei ein organischer Teil des Ganzen sein. Es gilt das, was bei Einzelpersonen auch gilt. Nur mit der Kür, dass jeder Charakter zum Hintergrund passt, dass Kleidung, Haltung zum Sinn und Zweck des Bildes und unter den Gruppenmitgliedern passen. Sack Flöhe hüten ist einfacher. Deshalb sind Gruppenportraits auch so teuer.

Und Abfahrt. Der Aufbau des folgenden geht von Kopf Richtung Füsse. Nach dem Motto : Wer das obenrum (Gesicht, Hals, Schultern, Arme und Hände) schon nicht in den Griff bekommt, der macht bei Ganzkörper auch nur jämmerliche Bilder. Meistens jedenfalls. In der « »klassischen“ Portraitausbildung machst die ersten beiden Jahre maximal Oberkörper, danach erst den full body. Wie im echten Leben : erst krabbeln, dann laufen. Wie beim Autorennen. Erst Gokart, dann Formelflitzer. Nur die Praxis macht Dich zum Könner.

Mach es so komfortabel, wie möglich

Mach, dass sich das Model wohlfühlt und bequeme Haltungen unangestrengt einnehmen kann. Fürs Studio nutz ich dafür spezielle Posierstühlchen, Bänke, was immer so rumsteht. Draussen heisst es gucken. Ein Zaun. Eine Bank. Eine Rasenfläche unter einem Baum zum Beispiel. Irgendwas, wo es sich anlehnen kann.

Die Schultern

Es ist so eine Art ungeschriebenes Gesetz, dass die Schultern nach Möglichkeit nicht parallel zur Horizontalen positioniert werden. Das sieht langweilig und statisch aus. Wie bestellt und nicht abgeholt. Zudem macht es das Modell unnötig breit, was nicht immer gewünscht ist. Athleten lieben es. Extrem schlanke Menschen schätzen es ebenfalls, wenn sie nicht nur ein Strich in der Landschaft sind.
Eine Stellung in einem leichten Winkel schafft Abhilfe. Models wollen immer schlank und rank aussehen, so vorteilhaft wie möglich.
Ist das Model nicht gerade rank und schlank, sollte die Schulterpartie durchaus in Klamotten eingepackt sein. Ausnahmen gibt es. Aber nicht jetzt.
Schulterpolster gehen gar nicht. Das waren die 80er. Und selbst da war es als DER Fehltritt des Jahrzehnts anerkannt. Die Mode wird sich derartigen Perversionen hoffentlich nicht wieder hingeben.
Troll Dich auf der Strasse rum, setz Dich in ein café und beobachte. Was ? Wie die Haltung des Volkes im echten Leben ist. Nicht mehr. Nicht weniger. Das ist die Messlatte.

Der Kopf

Es gibt in der Portraitfotografie drei Grundpositionen des Kopfes : 7/8-Sicht, 3/4-Sicht und Profil.
7/8 bekommst, wenn das Model leicht von der Kamera wegschaut, eine Gesichtshälfte etwas dominanter ist ; beide Ohren sind zu erkennen.
Bei 3/4-Sicht ist das kamerafernere Ohr nicht zu sehen. Gleichzeitig sieht das kamerafernere Auge kleiner aus – vorher schon mal raussuchen, welches das ohnehin kleinere Auge ist, hilft nachher bei der Positionierung des Kopfes, damit die Augen in ungefähr einheitlich gross ausschauen. Kein Mensch hat zwei exakt gleich grosse Augen. Wenn sowas bei Frontalsicht in einem Bild auftaucht, dann hat da wer in Photoshop gefummelt. Bei den Pros merkst das nicht. Deshalb bekommen die auch dreistellig die Stunde.
Bei der Profilansicht ist das Gesicht in einem Winkel von beinahe 90 Grad zur Kamera. Sichtbar ist nur ein Auge. Stell sicher, dass auch die Augenbrauen der entfernten Seite hinter Nasenrücken und -wurzel verschwinden.

Eine zu statisch wirkende Haltung wird vermieden, in dem das Model dazu angehalten wird, den Kopf leicht zu kippen. Leichter Winkel schafft eine Diagonale und damit Spannung. Bildkomposition, das hässliche, unbekannte Wort. Kipprichtung klassisch männlich in Richtung der kameraentfernteren Schulter, klassisch weiblich kamerazugewandte Schulter. Hascherl statt Businessfrau.

Die Haare

Extravaganter Haarschnitt und oder Farbe macht, dass das model in einem Vierteljahr ein neues Bild braucht. Ich merk das am Rande nur mal so unkommentiert an. Bei Jungs ist das eher kein Thema.
Aber bei den Mädels. Weia. Lange Haare. Das Haar entscheidet mit, in welche Richtung der Kopf geneigt und in welche der Oberkörper gedreht wird. Eine Seite des Haars ist immer etwas dichter. Guck genau hin, das sieht man. Mit Übung. Erinnerst Dich an die zwei Jahre nur Oberkörper ? Merkste, non ? Gut. Also, die dickere / dichtere Seite braucht mehr Raum und dann drängt sich der Unwiderstehlichkeit nicht mehr so viel in den Weg. Wie ? Denk nach. Über Kameraentfernungen, negative space, den ganzen Klimbim. Die Drehung geht zur ‘volleren’ Seite.

Voll auf die Augen

Der Teil des Gesichts, den sich das Hirn immer als erstes raussortiert. Kann nicht anders, das Ding.
Wenn das Modell gelangweilt ist oder sonst nicht bei der Sache, wirst das an den Augen sehen. Achte drauf. Augen bekommst wie von Zauberhand lebhaft, wenn Du das Gegenüber in ein Gespräch verwickelst, vorzugsweise über Themen, die für das Model interessant sind. Finde raus, was das ist und plauder.
Wirst Du dabei nicht angeguckt, nimm den schwarzen Kasten vom Auge und gib Dir Mühe. Beide sollten sich wohlfühlen bei der Sache. Sorg dafür, dass Dir Vertrauen geschenkt wird, sonst wird das nichts. Dauerhaft in eine Linse starren wird rasend schnell langweilig.
Die Iris sollte von den Lidern eingefasst werden, pass auf das Augenweiss auf. Ist untenrum zu viel, bring das Model dazu, leicht nach unten zu schauen, ohne die Kopfhaltung zu verändern. Ist es bös hell, werden die Pupillen schnell zu klein. Der uralte Trick besteht darin, die Augen zu schliessen, bis drei zu zählen, Augen auf und klick. Sind die Pupillen zu gross, mach ein helles Licht an und lass das Model da solange reingucken, bis die Pupillen sich auf eine annehmbare Grösse zusammengezogen haben.
Blickrichtung ist häufig kritisch. Zu viel Augenweiss verwirrt, weil das Auge des Betrachters von hellen Dingen angezogen wird. Sorg dafür, dass sich das im Rahmen hält. Ohne merkwürdig auszusehen. Dann stimmen andere Sachen nicht.

Die Augen folgen der Nase Grundsatz ! Es sieht zumindest merkwürdig aus, wenn die Augen in eine andere Richtung schauen, als die, in die die Nase ‘sticht’. Dies gilt für beide Arten des Blickes, also egal, ob der Blick von der Kamera abgewandt ist, oder nicht.
Ein oder beide Augen ? Beim Wegdrehen des Gesichts von der Kamera kommt irgendwann der point of no return. Wenn die Nase droht, mächtiger als das kameraferne Auge zu werden : Profilbild. Entweder sind beide Augen erkennbar oder nur eines.
Beleuchtung Geht der Blick weg von der Kamera, geht das Licht hinterher ( Winkel Licht – Nase ). Wer hier pfuscht, wird mit ätzenden Nasenschatten bestraft. Photoshop macht die mit einem Höllenaufwand wieder weg, aber warum sich diese Arbeit aufhalsen ?

Der Mund

Generell eine gute Idee ist es, verschiedenene Aufnahmen mit Grinsemund zu machen. Das Schönste ist ein natürliches Lächeln. Bekommst, wenn das Modell reichlich gebauchpinselt wird und sich drüber freut.
Hat sich aber schnell, wenn die Zähne krumm und schief sind ; das artet in der Nachbearbeitung in Arbeit aus.
Lippen anfeuchten. Regelmässig, wenn nicht ohnehin gloss drauf ist. Gibt diese netten, lebendig wirkenden highlights.
Und nicht nur den Augen, auch der Schnut sieht man es an, ob sich das Model wohlfühlt. Mach was ! Da sind ausreichend Muskeln drumrum, die sich leicht und unaufdringlich bewegen können, wenns offen und ehrlich daherkommt, das Lächeln.
Ein halboffener Mund sieht dämlich und meistens auch billig aus, wenn das nicht beherrscht wird. Leider machen viele die Lippen leicht auseinander, wenn sie entspannt sind. Änder das.
Lachfältchen können Ärger machen, wenn sie extrem furchig sind. Achte drauf. Ansonsten baust Schluchten und Krater. Viel Spass nachher am Rechner.
Das Kinn ist auch so ein steter Quell des Unmuts. Doppel- und Mehrfachkinn sind einfach alles andere als schick. Leicht nach vorne gestreckt, ohne hochnäsig zu wirken, schafft schon eine ganze Menge. Kopfhaltung im Auge behalten, sonst wird auch schnell der Hals lang. Nicht sooo fürchterlich vorteilhaft. Wo wir schon beim Strecken sind : Keine Scheu der Nachfrage, ob sich das für das Modell natürlich anfühlt, was ihm da abverlangt wird. Wenn ja, ist alles in Butter. Wenn nein, wirst keinen natürlichen Look ernten. Mistig, aber nicht zu ändern. Lass Dir was einfallen.

Der Hals verrät nicht nur das Alter, sondern auch das Gewicht. Erschreckend, non ? Achte drauf, ist so. Könnte man den Schöhnheitschirurgen eine reinhauen. Obenrum 25, unterhalb Kinn Schildkröte. Wird der Kopf gedreht, schnellen ganz gern die Sehnen und Adern hervor. Versteck ihn in der Kleidung. Kinn strecken nicht vergessen. Legst den Kopf auf die Arme, nimm die Ellenbogen. Und das Licht richtest bei solche Aktionen bitte kleinlichst aus. Andernfalls geht sofort das catchlight stiften. Mit Recht.

Arme und Hände

Die offenbar überflüssigsten Sachen, die da so rumschlackern, wenns ans Portraitmachen geht.
Wie oben schon : eng am Körper und ratzifatzi mindestens 10 Kilo mehr auf den Rippen. Arme direkt am Körper machen fett. Und nun ? Soll das Modell die Hände mal falten. Jungens in die Hosentaschen damit. Und die Ellenbogen vom Torso weg. Geht doch. Führungslinien, da war noch was. Bau Dreiecke mit den Dingern. Wuchte den Oberkörper auf die Arme auf die Knie. Vorsicht ist geboten beim Verschränken hinter dem Kopf. Geht schnell in die Kategorie mit halbgeöffnetem Mund. Dämlich. Billig. Überlass das den professionellen Modellen, die können das. Oder mach es vor, guck Dir das aber zur Sicherheit vorher einmal selber im Spiegel an. Einfach geht anders, oder ?
Arme machen übrigens weniger Stress, wenn sie in langen Ärmeln stecken. Bau bei Ganzkörperportraits mit den Dingern Dreiecke, in deren Spitze der Kopf liegt. Bei Oberkörperportraits und klassische Posen : verschränken, irgendwo anlehnen, whatever. Solange das Dreieck da ist, wird es auch gut aussehen. An der Unterseite des Dreiecks darf auch gnadenlos der Bildausschnitt abgeschnitten werden, nachher.

Stütz die Hand auf dem Knie auf, leg das Kinn rein, drück einen Stift zwischen die Finger, Kaffepott, irgendwas. Gib den Dingern was zu tun. Lass sie in einem leichten Winkel zur Kamera halten, wenn sonst nichts zum halten da ist. Das macht sie auch gleich mal eine Ecke kürzer. Visuell. Finger ein wenig spreizen und schon kommt Leben in die Sache. Alle Gelenke von Arm und Hand wild abgespreizt, das waren die 60er. Das geht heute auch noch. Für Hochzeitsringe. Sonst nicht.
Für Handstudien rennst mal mit offenen Augen durch die Strasse. Oder setz dich in ein café und mach da die Fallstudien. Beobachte den Kram und dann weisst, was natürliche Handhaltungen sind. Mach Skizzen, Bilder, irgendwas, um dir den Krempel zu merken. Je besser das nachher im Ernstfall beschrieben werden kann, desto besser wirds aussehen. Hände HALTEN und RUHEN. Dazwischen wird gefuchtelt. Doof beim Posen. Meistens.
Jungens ballen ganz gern die Faust. Warum auch nicht, das ist männlich. Unmännlich ist, wenn die Knöchel dabei weiss werden. Mädels machen keine Faust. Zumindest nicht die braven.
Vermeide eine Haltung, bei der die Hände direkt Richtung Kamera zeigen. Das verzerrt die Proportionen zum Rest. Nach Möglichkeit achtest auch darauf, Hände nicht von oben, head-on oder frontal abzulichten. Nimm eine Kante. Winkel ab, hast noch im Kopf, oder ? Und spreiz leicht die Finger. Gibt Form, Definition, wirkt einfach dreidimensionaler und unterscheidet Dein Bild von über 90% der geknipsten auf den üblich verdächtigen Plattformen..
Du unterstützt zudem mit der Arm- und Handhaltung die allgemeinen Körperformen bzw. -linien der Pose, ja ? Prima.

Bauch rein, Brust raus

Herausarbeiten oder verbergen ? Bei Businessportraits (Ausnahme : Sumoringer) soweit möglich und so viel wie nötig verbergen. Zumindest dann, wenn es auch nur im Ansatz den Anschein des Unvorteilhaften hat. Oder Madame meint, sie wär zu fett. Sexy edgy wird hauptsächlich übers Licht gemacht ; gezielte Spitzlichter und tiefe Schatten machen das Waschbrett gewaltiger, als es ist. Allerdings nicht aus einem Waschbären. Dunkle Kleidung und dunkler Hintergrund machen es kleiner und auch schlanker, als es die brutale Wirklichkeit verformt hat.
Die Brustfalte bei den Mädels. Weia. Sie geben es selten zu, aber es ist eine Problemzone. Einen kleinen Busen machst grösser, wenn Du einen sog. Kicker leicht von der Seite über beide Brüste setzt. Was ein kicker ist ? Suchwort : kickerlight. Schlags nach. Du setzt ein highlight und baust Schatten. Einfache Geschichte. Angst vor dem Monsterbusen ? Oder der macht madame zu schaffen ? Verringer die Schatten der Brustfalte. Dreh das model ins Hauptlicht. It’s that simple. Entsprechender BH tut sein übriges ; « Sport-BH » nennen die sich. Die sorgen dafür, dass das Gewebe nicht mehr als unvermeidbar belastet wird. Und machen es hübsch, da.
Positionier das Model nicht so, dass die Wirbelsäule parallel zur Vertikalen läuft. Wirkt statisch und wie gewollt, aber nicht gekonnt.

Oberschenkel und Hüften

Die Hüften werden schmaler, wenn Du sie in eine diagonale Position zur Kamera hin ausrichtest. Aber nur so weit, dass andere ungünstige Formen nicht mehr herausgearbeitet werden, als erforderlich. Platt zur Kamera macht breit. Bei ganz schmalen Becken kann das angesagt sein. Alle anderen machst mit einer solchen Position einfach nur fett. So richtig seitlich funktioniert auch nur bei Top-Figuren. Also, so richtigen top Top-Figuren. Bei 98% der Bevölkerung ist das schlicht nicht der Fall.
In sitzender Position haben selbst die durchtraniertesten Models bei entspannter Haltung eine Rolle, vor allem, wenn noch enge Hosen mit im Spiel sind. Streckt aber auch das nicht so trainierte mannequin den Rücken bis fast ins Hohlkreuz, merkt man fast nicht mehr, wieviel Geld die Cocktailrolle gekostet hat in den Bars dieser Welt. Eine weite Hose reicht eventuell auch schon. Unglückliche Faltenwürfe in der Kleidung verschärfen das Problem. Achte drauf, wenn Du hinterher keinen Stress haben möchtest. Wenn ein Mädel die Region zu seiner Problemzone thematisiert wirst Du auf Ganzkörper verzichten. Frag nicht, diskutier nicht, verzichte einfach drauf. Sie wird Dir dankbar sein.
Platt auf den Stuhl gesetzt macht allerdings breit. Hüften, Hintern und Oberschenkel. Oupsi ! Nimm eine Ecke, trenn die Beine ein wenig voneinander, stell das der Kamera abgewandte Bein ein wenig hoch (das der Kamera zugewandte steht fest auf dem Boden), lass es strecken. Den Fuss gleich mit. Schon wird der Schenkel schlanker. Wow !
Achte auf unvorteilhafte Faltenwürfe der Kleidung.
Wenn das Endergebnis ein 3/4-Portrait werden soll, schnippel unterhalb der Hüfte und oberhalb der Fussknöchel NIE NIE NIE auf den Gelenken ab. Gilt auch für Arme, übrigens.

Beine und Füsse

Wie bei den Armen schon, so sollten auch die Beine nie direkt nebeneinander stehen. Stell sie auseinander. Stell eines nach vorne. Das der Kamera abgewandte Bein trägt bei stehender Pose das Hauptgewicht, andersrum sieht komisch aus. Achte auf den Schritt. Park nötigenfalls da die Hände oder werf ein Kissen rein. Sonst wird das « billig » aussehen, nachher.
Sitzend wie stehend auf einer Treppe verlagerst das Hauptgewicht auf das der Kamera zugewandte Bein.
Beine überschlagen ? Probiers aus, ist kniffelig und sieht bei Madels wie bei Jungs nicht gleichermassen gut aus.
Nackte Füsse werden schmaler, schlanker und kleiner, wenn das model auf Zehenspitzen steht. Und jetzt denk kurz drüber nach, welchen Effekt high-heels haben 😉
Lange Fussnägel sind ein No-Go, ebenso wild lackierte. Knubbelfüsse gehen ebenso wenig wie Hornhautlandschaften auf den Sohlen. Hochgestellte Zehen sehen dämlich aus. Immer. Untergekrallt ditto. Klarer Fall, dass die Schuhe zum Rest des Outfits passen. Bei Männern on top : Je edler, desto höhergestellt die soziale Position. Oder Kenner. Achte bei Jungs auf die Schuhgrösse, insbesondere Turnschuhe können schnell zu unvorteilhaften Latschen werden, die an Kindersärge oder Paddel erinnern.
Dicke Beine versteckst am besten in Hosen. In weiten, ansonsten Wurst in Pelle. Yeah.
Nackte Beine sehen gut aus, wenn die Muskeln durch entsprechende Beinarbeit und Licht herausgearbeitet werden. Sind die Stelzen blass, steck sie in Hosen oder nicht zu helle Strumpfhosen (Mädels). Krampfadern versteckst per se in Hosen.
Keine Nylons in nach vorne offenen Schuhen. Never.
Bei stehenden Posen stellst die Beine nicht symmetrisch platt auf den Boden.
Du trennst die Beine. Es sei denn, das model soll fett werden.
Bis auf ganz ganz wenige Ausnahmen wirken beide Beine in der gleichen Stellung nicht gut.
Für alle Beine gilt : Kein Bein hängt bei sitzenden Posen in der Luft, das lässt die Bodenhaftung vermissen. Ausnahme sind Kleinkinder. Ebenfalls wirst im Sitzen das Akzentbein (kamerazugewandt) nicht so hoch bringen, dass es den Bauch berührt.
Von den Beinen machst nach Möglichkeit keine Frontalaufnahme, bitte. Das macht … richtig : fett.
Etwas Dynamik kommt ins Spiel, wenn das der Kamera zugewandte Bein ein klein wenig « Knick » im Knie hat.
Nicht jede Pose funktioniert bei jedem.

Ein klitzekleines bisschen Psychologie

Nahgrenzen.

Vor einiger Zeit tauchte der Satz auf, die Naheinstellgrenzen der « klassischen » Portraitoptiken seien zu gering. Es ging um 80 / 85cm beim 85er Nikkor bzw 110cm beim 135er. Ich gehe davon aus, dass die Mehrheit hier nicht mit professionellen Modellen zusammenarbeitet. Die hochbezahlten machen eisenhart nur einen Job. Die benehmen sich vor der Kamera nicht, wie sie es privat tun.
Aber auch diese Jungs und Mädels machen vor der Linse zu einem gewissen Grad einen striptease, wissen erst einmal nicht, wie das alles wirkt und wie das nachher aussieht, wenn es als Bild aus dem schwarzen Kasten krabbelt. Oder ? Vollformatkiste mit ihren Riesenmaßen und ordentlich dicke Linse davor, Lichtstärke braucht Durchmesser, yeah. Wenns nicht eh schon ein Pro-Body ist, dann auch noch dieser unverzichtbare Hochformatauslöser untendrunter. Wow ! Das ist beeindruckend, das schafft was her, ich bin der Vollpro. Das Gesamtkonstrukt ist cool, da versteck ich mich hinter. Auf 30cm vorm Gesicht, rein in die Hautporen. Grosses Kino, dicke Hose, geiler Macker. Was für ein Idiot.
Jeder Mensch hat einen Bereich um sich herum, in dem er sich wohlfühlt. Schwer definierbar, diese Zone, da spielen viele Ursachen mit rein und die wichtigste ist Vertrautheit. Jemanden, den ich nicht gut kenne, lasse ich deutlich weniger nah an mich ran, als jemanden, den ich mag, oder der mir zumindest symphatisch ist. Die Grenze zwischen Wohlfühlen und unangenehm auf die Pelle rücken mit allen Nebenwirkungen liegt bei ca. 80 Zentimetern. Erschwerend kommt dazu, dass ich das mit wichtigste zwischenmenschliche Kommunikationsmittel, den Augenkontakt, durch die unpersönliche Optik ersetze. Wenn es unangenehm wird, verändert sich unwillkürlich das Minenspiel. Richtig cool bin ich, wenn ich sowas registriere und mich entsprechend einrichte. Das Modell ist das wichtigste. Ein technisch perfektes Bild ist immer noch einfach mistig, wenn es kein Leben hat, keine Leidenschaft zeigt. Und selbst technisch perfekt ist oft genug noch einfach nur schlecht, weils nichts zur Stimmung beiträgt.

Der Knipser und das Ding da vor der Linse.

… das will betüdelt werden. Unterhaltung. Augenkontakt. Erklärt Euch gegenseitig Eure Vorstellungen. Wie es sich drehen und wenden soll, wie der Kopf steht, ob das Kinn noch ein wenig höher oder tiefer soll. Augenkontakt. Fühlt sich die Pose gut an ? Oder doch eher verkrampft ? Augenkontakt. Lob. Das sieht toll aus, was da gerade gemacht wird. Die kleinen Adjektive sind es. Lächeln, Lachen, Scherzen. Augenkontakt. Der ganze technische Kram spielt keine Rolle, das ist nur notwendiges Werkzeug. Führ den Blick, wenn Du Dich hinter der Kamera versteckst. Mit dem Finger. Und wieder Augenkontakt. Richtungsangaben immer aus der Warte des Modells. Das andere links. Schau mir in die Augen, Baby. Führ die Posen vor. Geht besser ohne Kamera in der Hand. Hier, guck, so stell ich mir das vor. Weck das Gefühlsleben, erzähl Geschichten, in die sich das Modell reinversetzen kann. « Guck mal verlangend » oder « sei einfach ganz natürlich » erzeugt gerne Fragezeichen in den Augen und überm Kopf. Glaubst nicht ? Dann guck mal in die Augen.
Wenn ich irgendwo lese « Hahaha, der Typ da neulich beim Shooting, der hat sich die Kamera anreichen lassen, der hat ja wohl mal keine Ahnung, was er da eigentlich macht, da braucht der einen Assi hahaha, der macht doch nur den starken Maxen, hihihi hahahaha, der aufgeblasene Gockel … », dann weiss ich auf Anhieb, WER da keinen Plan hat. Schnallt es schlicht nicht, dass er gerade eben nicht die Hauptrolle spielt 🙄
Es hat seinen Grund, warum der aufgeblasene Gockel da satt vierstellig, wenn nicht fünfstellig am Tag in Rechnung stellen kann. Irgendwas beherrscht der nämlich so richtig, richtig gut und das ist nicht nur Lichtführung und was der schwatte Kasten kann und der Druck auf den Auslöser. Während sich die geneigten Hobbyknipser die Köppe einschlagen über Kameras, Auflösungen und Optiken, machen wir einfach. Zur Not mit einer Ritsch-Ratsch-Klick. Aber mit all unserem Wissen und mit viel Gefühl. Es wird gut aussehen. Weil das Ding da vor der Linse ernstgenommen wird, weil es umtüdelt und ihm geholfen wird, sich einfach gut fühlt und daher umwerfend gut aussieht.

Daher : Wer sich in die Gefühlswelt des Models reinversetzen kann, wird oben mitspielen. Du kannst keine Pose, keinen Ausdruck vorschlagen, von der / dem Du nicht selber weisst, wie sich das anfühlt. Während der Sitzung nach dem Gefühl des mannequins zu fragen und entsprechend auszugleichen und anzupassen führt zu natürlich wirkenden Bildern.

Der ganze technische Kram ist vielleicht zu einem Prozent am Ergebnis beteiligt. Wenn überhaupt.

Ofenrohrirrsinn“

Abschliessend noch so meine Gedanken zum in Foren und bei den üblichen Selbstbeweihräucherungsseiten hochgehaltenen Offenblendwahn bei Portraits und dass die Nachzählbarkeit von Tuscheklümpchen in Wimpern bei verschwimmenden Augen als die Krönung eines « gelungenen » Kopfportraits abgefeiert wird.
Es gibt eine Regel bei der Bildbetrachtung und -analyse, die besagt, dass das Auge von unscharfen Bereichen zu scharfen Bereichen wandert und dort verharrt. Aus dem Grunde wird es mehr oder weniger bewusst bei der Bildgestaltung eingesetzt ; es soll den Blick des geneigten Betrachters zum Hauptobjekt des Fotos führen.

Dieses gilt nur bedingt bei Kopfportraits.

Warum ? Nun, man stelle sich ein « normales » Gesicht vor. Vor Augen ? Gut. Und jetzt eines mit einem Schielen. Oder mit einem Veilchen. Oder einem Brandmal. Fällt was auf ? Aha. Unwillkürlich ist das mit einem Male « anziehend ». Es entspricht nicht unserer normalen Vorstellung eines Gesichtes und wie der Mensch nun einmal gestrickt ist, starrt er das Mal an. Sensationslüsternheit. So ist das auch mit einem in Unschärfe verschwimmenden Matschauge. Da frage ich mich jedes Mal, was das model dem Knipser angetan hat, dass der ihm sowas antut. Einfach einmal darüber nachdenken.

le chic en blanc
le chic en blanc

Alles zuviel ?
Quick’n’Dirty sofort zum loslegen

Grundsätzlich bist Du Dir darüber im Klaren, welchen Sinn und Zweck das Portrait haben soll. Sprich mit dem Modell drüber. Es wird nicht beissen. Sprecht darüber, welche Bereiche des Körpers als Problemzonen angesehen werden. Wenn ein Mädel seine Hüften und Beine als problematisch ansieht und darüber mault, schlag Dir jeden Gedanken an Ganzkörper sofort aus dem Kopf. Vergiss es einfach. Du bist höflich. Du umschreibst kleine Unzulänglichkeiten freundlich. Und lass es beim Termin erst einmal ankommen. Nicht sofort loslegen. Das gilt nicht für Dich ; Dein Job startet original JETZT. Smalltalk rockt, Du weisst anschliessend, was es für Hobbies hat, wofür es sich interessiert. Diese Informationen wirst noch brauchen.
Hinsichtlich Posen und Bildgestaltung ist der Geschmack des Models entscheidend, nicht das, was Du meinst, aus irgendwelchen Foren zu kennen
Die Kunst bei einem guten Portrait besteht darin, dass es auch nach zwei Wochen noch mit der gleichen Verzückung angeschaut wird, wie beim ersten Mal.

Die Pose ist nicht das Bild – die Pose unterstützt das Gesicht.
• Basic Pose (oder maskuline Pose ; geht heutzutage für beide hervorragend)
das model sitzt (Hocker, Knie unterhalb der Hüfte und unterhalb der Sitzfläche bzw. Sitzkante)
« Ich würde sie bitten, sich auf diesen Stuhl zu setzen und in DIESE Richtung zu schauen – ohne den Stuhl zu bewegen, bitte »
Körper in einem Winkel von ca. 45 Grad zur Kamera
den kamerafernen Ellenboden so positionieren, dass der Körper in eine leicht lehnende Position kommt und eine hohe sowie eine tiefe Schulter entsteht
den Oberkörper in dieser Position sachte zur Kamera hindrehen, wobei die Blickrichtung beibehalten bleibt
die Schultern machen was her, wenn sich das model leicht vorbeugt Richtung Knie
(eventuell vor der Aufnahme noch einmal strecken lassen, dabei darauf achten, dass die Schultern nicht mit hochgezogen werden, sondern entspannt bleiben)
den Kopf zur tieferen Schulter neigen lassen → Fülle des Nackens nimmt visuell ab und die Gegend um die Kieferlinie wird ‘entfettet’ ; ein rundes Gesicht wird ovaler erscheinen
• Kopf und Körper sind zum Hauptlicht ausgerichtet
• den Kopf leicht drehen Richtung höhere Schulter, bis die Nackensehne so gerade eben zu erkennen ist
• full-face, 2/3-Profil
• der Kopf bleibt immer in der gleichen Position zur Schulterlinie
• der Oberkörper zeigt vom Hauptlicht weg, der Kopf BLEIBT
• mit jeder Kopfbewegung bzw jeder Änderung dessen Haltung wird das Hauptlicht angepasst in der Höhe oder was auch immer
• Wenn das Model automatisch seinen Kopf Richtung höherer Schulter neigt, ist irgendwas im Argen und es fühlt sich unwohl. Änder das.
• Das Model scheint den Betrachter des Bildes direkt anzuschauen, wenn der Fotograf es von dicht neben der Kamera anschaut.Obendrüber oder seitlich. Merkst jetzt, warum wir so gerne mit Stativ arbeiten ? Du guckst obendrüber : Die Augen des Gegenüber wandern hoch, das Kinn wird unmerklich aber wirksam angehoben und damit gestrafft. Du guckst seitlich : Die Augen wandern ein klitzekleines bischen mit und ‘gucken’ statt ‘starren’

Haare : wenn es kein Modeportrait werden soll, sollte der Haarschnitt eher « klassisch » gewählt werden ; ist auch zeitloser
Makeup : wenn es kein Modeportrait werden soll, lieber etwas dezenter halten
Kleidung : passend zum Hintergrund und in sich passend. Bei Gruppen soweit möglich einheitlich passend. Das sind Sachen, die tunlichst im Vorfeld abgesprochen werden sollten. Zur Not einen Kleiderschrankbesuch machen 😉 Oder einen ganz schlimmen Hintergrund abrollen. Batik kommt dann immer gut.

Augen
• Der Blick in Richtung Kamera ist der kräftigste Kontakt zum Betrachter
• Ein Blick leicht off-caméra ist etwas zurückhaltender, « leiser » → wirkt bei 2/3-Portraits in der Regel angenehmer
• Iris : versuchen, die auf dem unteren Lid abzulegen. Den Blick ganz leicht nach oben gerichtet lässt die Augen insgesamt etwas grösser wirken.
• Augenweiss : ist zu viel davon sichtbar, lenkt es ab (wie war das gleich noch mit « das Auge des Betrachters wird von hellen Flächen und Punkten im Bild angezogen » ? )
• Wenn Du dem Modell einen festen Punkt zum anvisieren geben willst, sorg dafür, dass das auch ein fester Punkt bleibt. Deine Hand ist es nicht. Und die Kamera wohnt auf dem Stativ bei solchen Aktionen. So als Hinweis mit dem Zaunpfahl.
• Seitliche Blicke funtktionieren bei Mädeln besser, als bei Jungens. Vor allem, wenn die älter sind.
• Glanzlicht setzen und das Hauptlicht entsprechend ausrichten nicht vergessen.

Gesichtsausdruck
Frag das model, ob es lieber einen lachenden oder einen ernsteren Ausdruck bevorzugt.
• viele sehen einfach nicht gut aus, wenn sie grinsen
• ein LEICHTES Lächeln oder ein natürliches Lachen sind das Ziel
• wenn ein volles Lachen sein soll, sollte die obere Zahnreihe zu sehen sein. Fehlt da die Hälfte, mach irgendwas anderes.
• Sag dem modell mal « Lächle mit den Augen ». Es wird sich darauf tatsächlich irgendwie konzentrieren. Und vergisst dabei, einen dümmlichen Mund zu machen.
• « Ui, das sieht aber schlimm aus ! » und zack ! Automatisch gibt es einen natürlicheren Gesichtsausdruck

• Du guckst AUF GAR KEINEN FALL nach jeder Aufnahme auf den bekloppten Kameramonitor. Das langweilt das Modell zu Tode und das mit gutem Grund. Warum soll es sich Mühe geben und von einer Sekunde auf die andere umschalten und besser werden, wenn der geneigte « Profi » da mit der Kiste offenbar Angst hat und dem Kontrollwahn fröhnt ? Also : 15-20 Aufnahmen und dann darfst zur ‘technischen’ Kontrolle schreiten. Lass das modell mitgucken ; dann können auch ganz entspannt kleinere Fehler bekakelt und die nächste Bildserie besprochen werden.
• Deine eigenen Fehlerchen überspielst Du so, dass es keiner mitbekommt. Deine Unsicherheit wird sich übertragen. Unterschätz das nicht.

Elena - Paris 2013
Elena

Das soll es gewesen sein, auf die Schnelle. Mach was draus.
Noch eines für hinter die Ohren : Kunst liegt im Auge des Käufers, seltenst in dem des Erschaffers.

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Bis hierhin geschafft ? Meinen Glückwunsch 😉
Für diejenigen, die noch daran interessiert sind, was sich draussen ohne grossartige Hilfsmittel so anstellen lässt, gibt es eine kleine Serie :
Licht – bewölkte Tage
Licht – bei strahlendem Sonnenschein
Licht – Licht am Fenster
Licht – Licht sehen
auch irgendwie Licht – Belichtungsmessung
Portraits noch mal – Kleinkram

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