publié le 4 juillet 2013

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Weiter geht es in der Kategorie « Ich seh Licht ». Nachdem es nun schon beinahe schlafwandlerisch an bewölkten Tagen klappt, sich jetzt aber ausgerechnet heute nicht einmal das kleinste Schäfchen in fluffigem Weiss da oben zeigen will und die Kamera einen traurig anguckt, weil sie irgendwas machen will, mit Tips und Kleinkram rund ums Thema strahlender Sonnenschein.

Der Planet brennt

Wer hat ihn nicht schon einmal gehört, den Ausspruch « Heute scheint die Sonne so schön, lass uns doch bei dem tollen Wetter draussen Fotos machen ! Von mir, och büdde büdde büdde » ? Sonne, weisser Strand, blaues Wasser und obendrüber der unendliche Himmel, vergnügte Menschlein, Urlaub, das volle Programm aus dem Katalog des All-Inclusive-Veranstalters. Das werden die Knaller, damit schreib ich Fotogeschichte.

Harte Schlagschatten in den Augenhöhlen und unterm Kinn, Kontrastunterschiede, die beinahe jede Kamera überfordern, zugekniffene Augen, gequältes Grinsen, das ist hinterher die Realität am Rechner oder auf Papier. Einhergehend mit einem gewissen Quentchen Enttäuschung und einem unterschwellig bohrenden « Ich hab doch irgendwie keine Ahnung, das sieht ja total doof aus. Gar nicht so, wie es in der Erinnerung war. Und schon überhaupt gar nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe … *schniiief* ». Schnell wird entschuldigend was von « schlechtem Licht » gemurmelt und dass die Situation halt total doof war und überhaupt. Und hätte hätte hätte man doch nur diese coolen mobilen Studioblitze und den ganzen Reflektorkram und die unheimlich gut aussehende Assistentin und so. Hätte hätte Fahrradkette.

Tscha, frühe Vögel und Würmer, da war was. Oder Nachteulen. Weiches Licht vor, zu und nach den berühmten blauen Stunden des frühen Tages und späten Abends – also um und bei Sonnenauf- und -untergang. Macht leider nicht jeder mit, weniger der ambitionierte Knipser denn das model, welches nach ohnehin kurzer Nacht sich lieber noch einmal umdreht und sowieso mit den Ringen unter den Augen eher semi aussieht. Im Schnellwaschgang der Portraitbasics hatte ich ganz beiläufig den Satz eingestreut

Werd kreativ. Ein guter Fotograf zeichnet sich dadurch aus, dass er auch unter widrigen Bedingungen noch irgendwas hinbekommt, ohne gleich rumzujammern hätte könnte sollte 😉 

… une amour fou. Hélène et Xavier au Jardin des Tuileries
… un amour fou. Hélène et Xavier au Jardin des Tuileries. 2013.
An den Rückenlehnen der (übrigens bequemsten von Welt) Stühle kannst ganz gut sehen, was der Sandboden an Licht zurückwirft.

Da knüpfen wir jetzt mal wieder an. Denn selbst bei brüllender Sonne lassen sich gute Ergebnisse erzielen – soooo übel ist das Licht nämlich gar nicht. Zumindest nicht, wenns um Portraitfotografie geht. Für Landschaftsaufnahmen ist es schnell die Hölle, in der Stadt muss man sich für reine ‘Architekturbilder’ was einfallen lassen und mit den Kontrasten arbeiten. Oder sich entsprechend vorbereiten. Der frühe Geier, da kreist er wieder. Aber bei Portrait … hey ! Das ist eine gigantische Spielwiese, da draussen. Man muss sie nur auch als solche begreifen und vor allem erkennen, was da an ‘Spielgeräten’ alles aufgefahren wird. 😎

Erste Hilfe

Dreh Dein model. Lass es nicht direkt in die Sonne gucken. Seitlich, Sonne von hinten. Irgendwas, aber nicht direkt rein. Hast noch in Erinnerung vom letzten Mal, das mit dem « Licht formen » ? Siehste, braucht man immer wieder, macht man dauernd.

Einschub Kompaktknipse : Mit den Dingern kannst das bringen. Du hast die Sonne im Rücken und erinnerst Dich an den guten alten Trick mit den geschlossenen Augen, bis drei zählen, Augen auf und *klick* ? Hervorragend. Sorg dafür, dass das Ding in Deiner Hand auf jeden Fall den Blitz auslöst. Ist so eine der ganz wenigen Situation, wo das Funzelchen mal brauchbar ist. Damit kommen dann auch die eingebauten Belichtungsautomatiken klar, für sowas sind die gemacht. Oder geh ins Motivprogramm »Kopp mit Hut an Sonne » – das ist das  fürs Portrait im Gegenlicht ; da löst der Blitz auf jeden Fall aus, kann aber sein, dass die Automatik mit dem Weissabgleich lustige Ergebnisse liefert. Ausprobieren. Kostet nichts, ausser Speicherplatz.

Jetzt darfst spielen und gucken. Harte Kontraste gewünscht ? Eine Gesichtshälfte hell, die andere dunster ? Mach, ist Deine gestalterische Freiheit. Kommt ganz gut, bei manchen, sowas. Ruf aus dem Hirn ab, dass die Sonne eine kleine Lichtquelle ist. Gabs im vorherigen Beitrag schon. Je weiter die Funzel vom Objekt weg, desto härter die Schatten. Da war was. Im Hausflur wars gewesen. Lichttunnel.

Wirds von hinten zu hell und das Gesicht zu dunkel, denk über die Belichtungsmodi nach. Spotmessung macht, dass das Gesicht richtig belichtet wird und der Hintergrund eventuell ausfrisst. Kann man machen, kann sogar richtig gut aussehen. Soll aber hintenrum auch noch was zu erkennen sein, brauchst was, was von vorn reflektiert und aufhellt und damit die Kontrastkurven verschiebt. Sandstrand reflektiert wie Hulle. Nutz das aus und geh mal Richtung Boden. Das model auch. Grüne Rasenflächen können sowas auch ganz gut. Betonboden dito.

Der « offene Schatten »

Was raucht der da eigentlich für ein Zeugs ? Offener Schatten, har har, den Kram will ich auch. Adresse vom Dealer bekommst nicht, das heisst so. Kannichauchnichtsfür. « Offener Schatten » bezeichnet die Zone am Rande einer sonnenbeschienenen Fläche zur schattigen Seite von irgendwas (Baum, Mauer, Überdach, der Hausflur von neulich so als Beispiele … ah, da kuck ! Licht weghalten und so …), wo das model hingestellt wird. Oder auch hingesetzt oder gar hingelegt. Mutig Du sollst sein – die Macht der Lichtformerei ist mit Dir. 😉 Wenn Du so richtig Mut und den entsprechenden Oberkörper und ein weisses T-Shirt anhast, reiss es Dir vom Leib und schmeiss es auf den Boden. Beobachte in den Augen des models, was da an catchlights entsteht – öhhämmm, durch das T-Shirt, nicht durch Deinen Waschbärbauch 😯 Bist Du ein Mädel und hast diesen Mut gegenüber einem Kerl, sag ihm, dass das extrem dämlich aussieht, wie er da jetzt so sabbert. Und immer im Hinterkopf behalten : Je näher dran am Licht, desto weicher ist selbiges, je weiter davon weg, desto härter fallen die Schatten aus. Der Kontrastumfang steigt.

Das mit dem Umschauen nach geeigneten Plätzen hast ja inzwischen drauf, oder ? Auch bei strahlendem Sonnenschein bieten sich alle Arten von ( Gebäude- ) Überhängen an, Eingänge, Flure, Parkhäuser, Alleen ob lang und gross oder eher klein, Brücken, Unterführungen, das ganze Pipapo, das auch schon bei bewölktem Himmel so gute Dienste geleistet hat. Wir kochen auch nur mit Wasser und erfinden das Rad nicht jeden Tag neu 😉 Die Sache mit den Lichttunneln und -taschen ändert sich dem Grundsatz nach nicht ; sie wird vielleicht nur noch deutlicher, als ohnehin schon bekannt. Allerdings wirst beim Arbeiten unter der Wolkendecke mitbekommen haben, dass das Licht eher sehr gleichmässig von hell nach duster driftet, oder ? Sieh mal einer schau. « Offener Schatten » ist dann bei Sonne ? Und schärfer abgegrenzt ? Jop. It’s that simple.

Hier, bei Apolline kann man es sehr fein sehen. Die Linie da unten auf dem Boden, das ist der Schatten. Dass sie selber so hell ist, das kommt vom wild vom Sandboden und den Sandsteinmauern des ollen Torhauses reflektierten Lichts.

Apolline
Apolline. Arc de Triomphe du Carrousel. Paris 2013

Da aber immer irgendwas ist, schieb ich gleich einen kleinen Wermutstropfen hinterher, der die Sache nicht gerade vereinfacht. Bei bewölktem Himmel und seinem gleichmässig bleibendem Licht hattest alle Zeit der Welt, um Dich selber zu berappeln, das model in aller Seelenruhe rumzudrehen, zu positionieren, Posen auszuprobieren. Das kannst bei Sonnenschein knicken. Es heisst zügig arbeiten, weil die olle Erde sich nunmal wie irre dreht. Damit verändert sich die Richtung, aus der das Licht kommt. Was eben noch gut aussah und vielleicht auch war, ist jetzt schon wieder ganz anders. Also : Behalt das glühende Ding da oben im Blick, beobachte den Lauf der Schatten und lass Dir gegebenenfalls rechtzeitig was Neues einfallen. Dieses kleine Lichtfensterchen, da im Flur, auf der Wand, was so herrlich aussieht – in zwei Minuten ist das Geschichte. Bis morgen keine weitere Chance. So denn morgen ein bilderbuchmässiger Sonnentag ansteht. Oder Du schleppst eine 3KW ARRI mit. Dann hast wieder alle Zeit der Welt.

Interessant kann die Sache unter Blätterwerk werden, wenn der Lorenz da keck seine Lücken sucht und findet und Lichtpunkte zum Tanzen gehen. Das kann sehr sehr nette Effekte vor allem im zarten Haar zaubern. Gucken und probieren.

Offener Schatten - Lichttunnel
Lichttunnel vom Feinsten. Natürlicher Reflektor, das ganze Programm.
Schiet was auf die Scheibe. So eine Situation ist nicht nachstellbar ; die Gelegenheit wäre gelaufen.

Das, was jetzt aber dazukommt als weitere Option : der Weissabgleich. Licht ist nämlich doof, wenn es durch irgendwas beeinflusst wird, das eine Farbe hat. Die wird es annehmen. Dieser Effekt ist bei Sonnenschein deutlich stärker, als an wolkenverhangenen Tagen. Vor allem in den « schattigen » Bereichen des Gesichts zeigt sich das hinterher. Unterm Baum im Schatten wird ein Gesicht die gesunde Färbung eines seekranken Schiffsreisenden haben. Kann wirken, tut es allerdings in den meisten Fällen nicht. Okay. Auf einem Schiff brauchst nicht nach einem Baum oder einer grünen Plane suchen – die Farbe hat das model ganz von allein im Gesicht. Pass auf Dein equipment auf, Gebörbse müffelt ewig vor sich hin. Zurück zum Thema : Machs von Anfang an ordentlich und pass sie an, die Farbtemperaturen.

Kleiner Ausflug in die Welt der « WB »

WB, white balance, balance des blancs, Weissabgleich. Ist technisch, ist trocken, muss aber sein, wenn Du in Farbe knipst.

« Ich foote shoote schiesse nur in RAW und mach das hinterher in der ‘post’ » ( oder – total bekloppt – in der ‘BEA’. Wer diese ‘Abkürzung’ erfunden hat, dem gehört was an die Ohren. a) gibt es das offiziell nicht und b) was wohl Beate oder Béatrice von dieser Plumpanmache halten ? Ausserdem werden Fotos gemacht, nichts anderes. Solange Du nicht im englischsprachigen Raum oder mit englischstämmigen models rummachst, ist das weder cool, noch profilike, sondern einfach nur albern, wenn nicht gar peinlich. Und auch da reden die, die was auf dem Kasten haben, öfter von « I take ya pic » denn von « I shoot ya » . Die ganze Aktion nennt sich international übrigens shoot . Einfach nur shoot. Wer zum shooting will, der hat was mit Schießerei im Sinn. Kommst auch mit in die Medien. Aber nicht in dem Zusammenhang, den Du Dir im Moment noch erträumst. Merken. ). Aber mach mal am heimischen Rechner, den Weissabgleich.

– Duhu, darf ich mal sehen ?

– Aber logo. Hier, total toll, oder ? Du siehst einfach  um wer fend  aus

– IIIIIIIIIIIHHHHHH ! Ich bin ja ganz blau !

– Null problemo Bäibieh, das mach ich hinterher in der ( verschwörerischer Tonfall, gemurmelt ) BEA, ( normaler Tonfall ) total iehsiehpiehsieh …

– ( Hirn an Sprachausgabe : Sabbel halten ! Erstens bin ich NICHT DEIN BABY und zweitens bist du ein Vollidiot, du Trottel, du hast ja überhaupt keinen Plan und willst nur, dass ich mich auszieh. Kannste aber total parken, du NULL )

Ja. Nee, Du. Ganz toll. (Hirn an Sprachausgabe : noch mal Schnabel halten ! Heilige Scheisse, auf was hab ich mich da denn eingelassen ? Der BLÖFFER. NICHTS kann der, gar nichts. Ich will hier weg. Ich pack.)

Merkste was ? Der Rest des Termins ist gelaufen, diese Zweifel bekommst nicht mehr raus und man wird es hinterher am Gesichtsausdruck doch irgendwie sehen. Einen Weissabgleich hat die Kamera meinetwegen nur dafür eingebaut, dass die jpgs hinten auf dem Monitordingen schon mal einigermassen aussehen. Im Ernst jetzt : Gewöhn Dir das ruhig von Anfang an an, das gleich richtig zu machen. Dann brauchst das zum einen hinterher nicht am Rechner zusammenfummeln – und aus dem offenen Schatten auf was Vernünftiges zu kommen kann schnell in richtig Arbeit ausarten und zum anderen bekommt Mlle keinen Schock. Im echten Leben benutzen wir für den Weissabgleich unter anderem Graukarten, Weisskarten und diese lustig bunten Klappdinger mit dem Namen ColourChecker. Weil es nämlich in der nachfolgenden Kette der Druckvorbereitung drauf ankommt, dass die Farben wenigstens halbwegs so auf dem Papier oder dem Monitor rauskommen, wie sie in ‘in echt’ auch sind oder waren.

Jede ordentliche Kamera (selbst die Billigknipsen für die Hosentasche) hat die Möglichkeit, am Weissabgleich rumzufummeln. Entweder über die klassischen Symbole Glühfunz, Sonne, Wolke, Plitzellicht oder über die Direkteingabe von Kelvinwerten oder über ‘PRE’. Wie das genau funktioniert bei dem Ding, das Du da in der Hand hast, darum kümmerst Du Dich bitte ganz alleine. Das Zauberwort heisst ? Na ? Huch ? B e d i e n u n g s a n l e i t u n g. Nicht Forum. Geht zum einen schneller, als Du die Frage in die Tasten gehäckselt hast und zum anderen sind die Beschreibungen da drinnen einfach mal richtig und basieren nicht auf irgendwelchem ultrageheimen Geheimtips aus der Waschküche. Oder sonstigen auf jeden Fall und immer und überall funktionierenden Rezepten ; man liest in der Tat vielerlei Schwachsinn in den Weiten des Zwischennetzes.

Die Einstellung ‘PRE’ ist übrigens der Knaller. Tempotuch oder auch diese Papierhüllen in weiss für CD / DVD reichen. Formatfüllend am gewünschten Standpunkt des models unterm Baum hingehalten, *klick*, gucken, ob ‘good’ aufblinkt (Nikon), und Abfahrt. Es wird einigermassen passen. Klar kannst dem model das Ding auch vors Gesicht halten und kurz erläutern, was Du da jetzt schon wieder treibst. Die Geschichte mit den Hüllen fallen lassen, nachher … Gut, lassen wir das. Bei Standortwechsel nicht vergessen, das Spielchen zu wiederholen oder auf was ganz anderes umzustellen. Ja klar, weiss ich doch, denk ich dran. Ich sag : Pferde vor Apotheken … Denk einfach dran 😉

Service des Schreiberlings, völlig für lau : Die gängigsten Kelvinwerte, die man im Oberstübchen abgespeichert haben sollte. Der ganz grosse « Trick » bei digitalen Kameras besteht nun darin, dass Du Dir keinen Kopf mehr machen brauchst um mired-Werte und die entsprechenden Farbkorrekturfilter nach alter Väter Sitte. Einfach die Kelvinwerte eindrehen und den Rest macht die Kamera mit ihrem Rechner dahinter. Falls es doch interessiert, was in der Kamera so abgeht : alte Väter Sitte. Es werden zu den eingegebenen Farbtemperaturen die « Gegenwerte » hinzugerechnet. Je kleiner die Farbtemperatur in Kelvin, desto mehr Gelb-, Orange-, Rotanteile hat das Licht, desto mehr Blau/Magenta wird mit reingewurbelt. Je höher die Werte, desto blauer dei Ausgangsfarbe, desto mehr Gelb/Orange/Rot geht mit rein. Damit neutralgrau oder neutralweiss wieder so wird, wie sich das Gehirn das auf seine ureigene Art zusammenfummelt.

Kannst ganz simpel mal bei 0815 bewölktem Himmel ausprobieren. Wechsel zu jpg only, dreh auf 2500K , mach ein Bild. Dreh auf 10000K und mach noch ein Bild. Das erste wird fürchterlich blau sein, das zweite irrsinnig gelblich bis orange. Einfache Geschichte. Warum das so ist, weiss Tante Guhgl zu den Stichwörtern Farbtemperatur, Farbkorrekturfilter und Komplementärfarben. So, nun aber ans Eingemachte :

Kerzenlicht 1800K
Haushaltsglühlampen 2400–3000K
Sonnenauf – und -untergang 3000K
Blitzlicht / Kaltlicht Fotobereich 3200K
Leuchtstoffröhren 4200–6000K
Mittagssonne an klaren Tagen 5500K
Bewölkter Himmel 7000K
Offener Schatten 9500K
Mittagssonne nördl Halbkugel ganz oben 24000K

Das sind ganz grobe Einflugschneisen für den Anfang. Vor allem bei Sonnenauf- und -untergang kann das irrsinnig schnell von jenseits der 6000K bis runter 2500K durchgereicht werden. Die Strassenlatüchten hier in der Stadt haben übrigens 2000K bis 4000K. Gerne auch nebeneinander. Die Hölle. Das ist Mischlicht und Mischlicht ist das, was auch gerne als ‘schlechtes Licht’ bezeichnet wird. Völlig zu recht. Derart ‘schlechtes Licht’ gibts gerne mal auf Konzerten oder laienhaft veranstalteten Modenschauen. Blau mit Rot. Vorplatz zur Hölle. Und das biegst hinterher mal eben komplett in der post zurecht ? Will ich sehen.

Pocket Light Meter iPhone-app
Pocket Light Meter (iOS)

Für das iPhone gibt es eine lustige app, die seit Ende 2014 dankenswerterweise auch die Farbtemperatur mit auswirft. Für die Belichtung mit ein wenig Vorsicht zu geniessen (ich hab Abweichungen von ungefähr einem halben EV bei Objektmessung, 1/3 EV bei Lichtmessung mit dem Luxi-dome), arbeitet die Kelvinanzeige erstaunlich genau. Einfach der Kamera den nächstgelegenen Wert mitteilen und es wird in der Nachbearbeitung wenig Stress geben.

Leider habe ich nicht den Hauch einer Ahnung, wie es mit den Kelvin für die Nutzer von Android-Smartphones aussieht. Tut mir leid, müsst ihr euch selber begucken und vielleicht einfach beten. Oder einfach das beherzigen, was ich da oben geschrieben habe.

Ganz kurz noch zu « schlechtes Licht, gutes Licht » : hartes Licht, welches für einen irrsinnigen Kontrastumfang sorgt, ist schnell « schlechtes Licht », weil es nur mit relativ viel Aufwand in den Griff zu bekommen ist. Beispiel Abendsonne, model hat den sich jetzt nett verfärbenden Himmel im Rücken, vom Himmel soll einiges zu sehen sein, im Bild. Belichtungsmessung (Spot) murmelt was von 1/20 im Gesicht und was von 1/400 auf den Himmel. Schafft keine Kamera und Grauverlaufsfilter gehen übers Gesicht rüber und machen es noch dunkler. Horror. Dreckslicht. Drehst das Mädel um, geht der Himmel mit seinen schicken Pastelltönen flöten und wird gegen dunkle Wand getauscht. Hilft nur noch der Blitz. Nicht mal mehr des Reflektors Silberseite. Nur noch Kunstlicht. Farblich gefiltertes, sonst wieder Mischlicht und noch mehr Probleme.

« Gutes Licht » hingegen ist schmeichelnd, geht weich um die Ecken und der Kontrastumfang hält sich im Bereich bis zu einer, zwei Blendenstufen auf. Das kannst ohne Weiteres aufhellen. Mit irgendwas, das reflektiert. Reflektiertes Licht ist immer relativ weich, wenn es nicht von einem Spiegel oder der Silber- resp. Goldseite des Reflektors zurückgeworfen wird. Reflektiertes Licht ist « gutes Licht ». Weil es zudem dem Fotografen nicht in die Augen sticht, ist es sogar « braves Licht ». Kleiner Ulk. 🙄 Er nu wieder …

serveuse inconnue au café
Marie bekommt die volle Sonne von leicht hinten oben über die Schulter. Die Aufhellerei von den Tischen mit ihren polierten Oberflächen im café machen den Rest. Inklusive der catchlights in den Augen. Völlig kostenlos 😉

Gegenlicht

Gegenlicht muss nicht immer mies sein – das bietet auch eine ganze Menge Möglichkeiten, so ist es ja nicht. Irre Lange Schatten, die auf einen zukommen und nach dem Besten trachten, Silhouetten, diese lustige Glanzkränze im Haar, überhaupt ein Gefühl von Sommer. Den elenden Klassiker mit langhaariger Badenixe im Tümpel, die einen Wasserschwall um sich selber rumwerfen kann. Und 💡 diese dämlichen total lustigen Bilder mit der Sonne auf der Hand oder zwischen zwei Fingern, die man wenigstens einmal im Leben gemacht haben sollte – sei es auch nur für den Zweck, dass man hinterher behaupten darf, man hätte auch schon mal was total klassisch touristisches gemacht 😉

Gegenlicht ist superduper Licht. Bitte ? Hat der Thüp nicht gerade eben noch fast das Gegenteil behauptet ? Der ist irr …  Héhé, es fordert des Fotografen Hirn. Der Weissabgleich gerät durcheinander. Die Belichtungsmessung ist völlig überfordert. Der Autofokus irrt auch ganz gern von Anschlag zu Anschlag. Gegenlicht iss bäkk to se ruhtz, so mit Nachdenken 😯

« Value Contrast »

… ist ein Begriff aus dem englischen und lässt sich ungefähr mit « Hervorhebung des bildwichtigen Teiles durch Farbkontrast / Farbgestaltung » übersetzen. Bedeutet also nichts anderes, als dass das Dir wichtige Hauptobjekt so richtig ins Auge hüpft. Gegenlicht kann das ganz hervorragend : Ausfressender Hintergrund, eingedüsterte Person. Ist so wie weisse Klamotten vor dunklem Hintergrund. Rotes vor blau. Dunkles vor hell. Die klassische Silhouette. Gezielte Überbelichtung kann Dein Freund sein, um so etwas zu gestalten. Echt jetzt. Bildunwichtige Teile dürfen gerne ausbrennen. Erzählen eh nichts und verwirren im schlimmsten Fall den Betrachter, seil er einfach nicht mehr dahintersteigt, was Dir denn nun im Bild wichtig ist, und was nicht. (Ich werde es daher auch nie verstehen wollen, warum bei 0815-Motiven so gerne darauf rumgeritten wird, dass vom finstersten Schatten bis zum hellsten Licht überall noch Zeichnung drinsein muss. Gerätst teilweise echt in die Mühlen der Prediger. Statt einfach mal zu überprüfen, was denn nun der Hauptinhalt ist. Gut, bei allzuvielen Bildern der heutigen Tage gibt es schlicht keinen Hauptinhalt, kein hervorhebbares Motiv mehr 😈 … Da wird dann über billige Effekthascherei versucht, dem Œuvre sowas wie einen ‘Sinn’ zu verpassen 😯 ) Also : Nutz das Licht im Rücken Deines Objekts als Holzhammer. Wer kennt sie nicht, diese irren Bilder eines dunklen Körpers hinter einem halbwegs durchsichtigen Duschvorhang ? Value contrast at its best.

(Geht übrigens nicht nur bei Gegenlicht ; ich habs oben ganz nebenbei eingestreut. Blau gegen Rot zum Beispiel ist auch so eine Sache. Bisserle in Farblehre einsteigen, das kann nicht schaden. Wirf die Suchmaschine an. Dito Komplementärfarbe mal als Suchbegriff antesten. Es öffnen sich Welten.)

Un clin d'œuil dans la rue
Un clin d’œuil dans la rue

Flares

Die solltest bei Gegenlicht ganz besonders im Auge behalten. Man mag sie, oder man mag sie nicht. Ich mag sie streckenweise. Diese Linien an Blendenreflexen im Bild, die von stark seitlichem oder eben Gegenlicht herrühren. Und im Gegensatz zum seitlich einfallenden Licht helfen Gegenlichtblenden überhaupt nicht einen Deut. Auch, wenn der Name was völlig anders suggerieren möchte. « Streulichtblende » ist vielleicht der bessere Ausdruck für die Dinger. Ganz hervorragenden Optiken ist das relativ egal, da kannst Dich verrenken oder auf den Kopf stellen – das wird nichts mit Reflexen. Aber die meisten können sowas.

Ist schnell mistig, weil das Bild ratzfatz abartig flau wird, wenn die Sonne da so keck über des Mädels Schulter lugt und Dich blind macht, weil Du gerade reinguckst. Ungebremst. Flares sind auch mistig, wenn sie sich ausgerechnet über bildwichtigen Teilen positionieren. Augen, Schnäbel, irgendwas. Nasenspitzen bekommen ein ganz eigenes Flair, wenn da ein Lichtkringel drauf wohnt. Ist wie die Warze aus dem Märchen mit den hässlichen alten Damen, die einem an die Jacke wollen. Pass drauf auf, dreh Dich und Kamera, lass das model langsam die Körperhaltung korrigieren. Langsam deshalb, weil zwischen Topbild mit schmeichelnd um die Körperformen fliessendem Licht und flauer, kontrastloser Brühe gerne nur Millimeter liegen. Mach ruhig eine ganze Reihe von Aufnahmen, das Zeug ist unberechenbar.

Willst so eine Linie von Blendenreflexen einbauen, achte im Sucher genau darauf, wie sie ankommt. Sonst Warze. Man sieht sie, muss aber das Auge durch das Sucherbild wandern lassen. Insbesondere in den Ecken 😉

Belichtungsmessung

… ist tricky bei Gegenlicht. Es schadet auch hier nicht, nach irgendwelchen reflektierenden Sachen Ausschau zu halten. Findest davon nichts oder die Reflexion ist nicht ausreichend, um die höllischen Kontraste halbwegs auszugleichen, hab keine Angst vor dem Aufklappblitz. Was der kann als Füllicht und wie Du das beeinflussen kannst, damit hast Dich bestimmt schon seit den Portraitbasics auseinandergesetzt, oder ? Gut 😉 Setz ihn ein. Dezent. Einen « guten Blitz » erkennt man daran, dass man ihn beinahe nicht erkennt.

Ansonsten : Spotmessung rules, alles andere ist schnell überfordert und will das Gesamtwerk zu dunkel machen. Aber mit den Möglichkeiten der einzelnen Belichtungsmodi Deiner Kamera und des gezielten Beeinflussens über dieses +/- Dingens stehst ja eh schon per Du.

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Wissenshunger ?

Teil I dieser kleinen Serie – bewölkter Himmel
Teil III dieser kleinen Serie – Licht am Fenster
Teil IV – Licht sehen
auch irgendwie Licht – Belichtungsmessung
und was ich schon immer über Portraitfotografie wissen wollte. Und vielleicht auch sollte 😉
Portraits noch mal – Kleinkram

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