publié le 27 juin 2013

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après Berluti

Neulich hab ich mich zu den Grundlagen des Portraits ausgelassen. Ab heute kommt nun der nächste Schritt zu « schönen » Bildern : Das Licht. Um es zudem einfach und kostensparend zu machen : das Licht, das da draussen so vor sich hinschimmert. Ambient Light, wie es auch genannt wird. Manche machen da einen Riesenbohei drum, andere wissen einfach, wie es geht, was zu tun ist und legen los. Und weil wir den Reflektor dabeihaben, machen wir aus ambient light das berühmte available light. Heisst nichts anderes, als ambient light mit Hilfsmittelchen zu dirigieren.

Auch hierfür gilt : Du brauchst erst einmal nichts ausser Deiner Kamera und Deinem Auge. Und ganz eventuell einen Reflektor. Und Dein Gedächtnis 😉

Ich hatte das in meinem anderen Post bereits angemerkt – diese 5in1-Dinger machen einen guten Job. Je grösser, desto besser. Preislich gehen die um und bei 30 Euronen los. Die ‘billigen’ sind nicht ganz so hervorragend verarbeitet, die richtig teuren was fürs Leben. Solange man sie nicht in der Seine versenkt. Andere Geschichte.

5in1 :

  • Gold, um warmes Licht auf den Körper zu zaubern (häufig nur draussen benutzt, im Studio wird das nur noch gruselig) – aufpassen mit dem Weissabgleich, das driftet sehr schnell ins deutlich zu warme ab. Geschmackssache, ich mags nicht unbedingt.
  • Silber, um es einfach hell zu machen. Die Seite ist sehr hell und veranlasst das model dazu, mal eben schnell und dauerhaft die Augen zuzukneifen. Also hier ebenso Vorsicht wie vor zu harten Schatten.
  • Weiss, um es nicht ganz so hell zu machen.
  • Schwarz, um es wegzumachen.
  • Transparent, um es nicht ganz wegzumachen. Das ist der ‘swatter’.

Und alles in einer Tüte. Tolle Sache. Die Teile gibt es von 30cm im Durchmesser bis zu 1,20 x 1,50 Meter. Für die Personenfotografie hab ich persönlich als Minimum einen mit, der einen guten Meter im Durchmesser hat. Wer damit umgehen kann, zaubert auch mit dem Teil kleine Reflexe irgendwohin. Wie immer gilt auch hier die unumstössliche Maxime : Übung macht den Meister. Wenn Du heute nachmittag losziehen sollst, verschieb den Kauf auf kommende Woche. Das wird eh nichts, wenn man so ein Ding zum ersten Mal in der Hand hat. Das Zusammenlegen allein sorgt für Unterhaltungsstoff. Auf Kosten des Knipsers 😯 Wer allerdings einen Reflektor souverän wieder zusammengekruschtelt bekommt, der kann das auch mit Bandsägeblättern. Und verblüfft den Tischlermeister.

Es geht auch ohne Reflektor – gerade dann, wenn sich in der Eile der Zeit kein Assistent auftreiben lässt, der damit ordentlich umgehen kann. Es geht auch ohne Stativ. Mit ist allerdings häufig angenehmer.

Wie schon im anderen Beitrag, so lass ich mich auch jetzt so gut wie gar nicht nicht zur Ausrüstung aus. Equipment ist für mich nichts anderes, als ein Werkzeug, das ich beherrsche. Dabei ist es mir gleichgültig, ob ich meine ganzen Koffer mitschleppe, oder ob mir auf der Strasse ein Touristenpärchen ihre Handtaschenknipse oder ein Telefon in die Hand drückt. Entscheidend sind Licht und Ausdruck der Abgebildeten. Und noch ein paar andere Kleinigkeiten, aber die Kamera und Optik ? Lattenegal. Bildinhalt zählt. O ha. Ich seh schon die Stirn in Falten gelegt und angesetzt zum Ja, aber … , das Bokehgeschwafel, die ganzen Möglichkeiten des Spiegelreflexsystems und und und … Luft anhalten, darum geht es jetzt nicht. Sieht nämlich alles doof aus, wenn Licht und Ausdruck nicht stimmen ; ich geb die Hoffung ja nicht auf, dass das auch irgendwann einmal in den Kopf geht. Die technische Seite hört schlagartig in dem Moment auf, in dem Du durch den Sucher lugst. Das Allerwichtigste spielt sich fortan vor der Linse ab, nicht dahinter. Wenn das Bild nachher einfach nur gut ist, interessiert die Technik eh niemanden mehr.

Damit es nicht ganz so anstrengend wird, werde ich diesen kleinen Rundumschlag in mehrere Teile splitten. Ist recht, oder ? Je nach Lust und Laune und Zeit können die Abstände zwischen den Beiträgen variieren. Stay tuned.

So, nun aber den Kram und das Mädel oder den Bengel geschnappt und raus an die Luft.

Lea et Lukas. Passerelle des Arts, Paris. 2013
Charlotte et Sylvain. Passerelle des Arts, Paris. 2013

Teil 1 : Der bedeckte Himmel

Overcast und slightly overcast sky, wie der anglophil Veranlagte zu sagen weiss. Farbtemperaturen so Pi mal Daumen zwischen 5600K und 8000K. Oder das Wählrädchen in den Wolkenmodus kurbeln.

Schon mal was davon gehört, dass ein bedeckter Himmel das beste Licht gäbe, für Portraits ? Weil die Wolkendecke wie eine riesige Softbox wirkt und das alles feini weich macht ? Das Mädel einfach irgendwo hinstellen und ab gehts ? Dummerweise stimmt das nämlich so ohne Weiteres nicht. Das Licht ist flach. Es macht fiese Schatten in den Augenhöhlen und sorgt für einz a ausfressende Spitzlichter auf Stirn und Nase. Wow. Was für ein Mist. Und mal ganz ehrlich : Wer hängt im Studio einfach nur eine Softbox unter die Decke, parkt das Kind drunter und macht ? Merkste was ? Keiner. Licht will und soll geformt werden, das ist der Trick. Nicht umsonst machen wir uns da so dermassen einen Kopf drüber und fahren mörderisch Technik auf ; soll ja den Boah!Istdasgeil-Effekt geben, nachher. Das geht auch draussen am wolkenverhangenen Tag. Man muss nur wissen, wie. An solchen Tagen ist einfach top, dass das Licht einigermassen gleichbleibend ist. Das wars auch schon. Verschafft Zeit zum Posen üben. Oder sorgt für kurze Termine, weil kein oder nur ganz wenig equipment aufgebaut werden muss. Auch nett.

Licht substrahieren

Wuss ? Mathe ? Jop, so ähnlich. Weg mit den ausfressenden Lichtern und den Kratern, in denen Augen vermutet werden, wenn sie nichts zur Stimmung und zum geplanten Bild beitragen. Am einfachsten ist es, das model mit dem Rücken zum Licht zu positionieren (musst einfach mal gucken, wo die Sonne so rumlungert – Wolkenlücken oder dünnere Wolkenschichten verraten das. Oder das moderne Telefon mit der entsprechenden App), 180° und feddsch da fish. Licht vom Gesicht substrahiert. So einfach geht das.

Nun gibt es feines Licht, das sich von hinten um den Kopf oder den Körper kringelt und kostenloses kickerlight im Haar. Wenn der Hintergrund passt, wird die Person optisch auch gleich noch von diesem getrennt. Befindet sich vom jetzigen vorne noch irgendwas, das das Licht ein wenig reflektiert, wirds auch wieder was mit den catchlights in den Augen. Wenn nicht, ist das auch nicht weiter tragisch ; es gibt eine Menge hervorragender Portraits, die ohne das zusätliche Licht in den Augen auskommen. Wie immer : abhängig davon, was mit dem fertigen Bild zum Ausdruck gebracht werden soll. (Brauchst es für Deine Bildaussage, ist ein Reflektor sinnvoll – oder man zaubert weiter, dazu gleich). Jetzt kannst spielen. Dreh das model nach Deinem Gusto und guck, was passiert. Schatten auf der einen Seite, aufgehellt auf der anderen.

Und schon formst mit Licht und nutzt es. Das soll jetzt das ganz grosse Geheimnis sein ? Jop. Nur : Wer es nicht sieht, für den bleibt es auf Ewig ein Geheimnis. Oder ein Glückstreffer. Da ernsthafte Fotografie aber nur wenig mit « Glück », sondern etwas mit Überlegung und Planung zu tun hat, lassen wir das dann auch einfach mal als « Glückstreffer » durchgehen. (Der Fotograf unterscheidet sich vom Knipser dadurch, als er reproduzierbare Ergebnisse abliefert, gell ? Und nicht über « Magie » staunt)

Lichttunnel und -taschen

Licht weghalten und damit formen, da kommt es also drauf an. Klasse ist, wenn das von oben weggehalten werden kann, weil schlagartig keine ausfressenden Lichter mehr da sind, die da keck Stirn und Nasenspitze versaubeutelt haben, vorhin.

Guck Dich in der Umgebung um. Was findet sich da so alles ? Hauseingänge ? Unterführungen ? Brücken ? Ein simples Vordach ? Ein Säulengang ? Öffentliches Parkhaus ? Treppenhaus ? Kleine Allee ? Ein Baum ? Herrlich. Hin da. Und keine Panik im öffentlichen Raum. Einfach hinstellen und anfangen. Alles nicht auszumachen am Horizont ? Reflektor mit ? Ein Fall für die schwarze Seite (wenn wir sowas draussen, am Meer oder sonstwo  im « grossen Stil » machen, bauen wir ein Dach auf. Ein schwarzes. Vielleicht rechts und links auch noch schwarz. Hinten zu oder nicht, je nach Situation. Riesenaufriss. Aber geil 😎 ) Also : Alles, was obenrum geschlossen ist und an den Seiten Licht reinlässt geht unter « Lichttunnel » oder « Lichttasche » durch. Einfaches Vokabular.

Überdachter Gang : Licht kommt entweder von der einen, oder der anderen, oder beiden Seiten. Schmeichelt je nach Abstand zur Aussenkante um die Gesichts- und Körperform herum. Beidseitig sieht absolut toll aus. Ist auch zu finden, schau Dich in Deinem Ort um.

Parkhäuser sind affengeil, vor allem, wenn die Auf- und Abfahrten an den Seiten offen sind. Palaver nicht mehr als nötig mit dem Sicherheitspersonal rum, sondern pack und zuckel weiter – gibt andere Orte, an denen das auch funktioniert.

Haus- oder Treppenhauseingang : Je weiter drinnen das model plaziert wird, desto gerichteter kommt das Licht von vorn. Teste es aus. Es wird auch härter, weil sich die Grösse der Lichtquelle ( Eingang ) im Verhältnis zur angeleuchteten Person verändert, nämlich kleiner wird. Wir erinnern uns ganz duster ? Je weiter weg die Funz, desto härter die Schatten ; der Kontrastumfang steigt. Umgekehrt : je näher dran, desto mehr « fliesst » das Licht um die Formen rum. Magie 😯 . Des Lichts 😉 Wie immer, hab ein Auge drauf, wie der Boden beschaffen ist. Beton und helle Fliesen usw. reflektieren richtig toll. Kannst nutzen. Los. Trau Dich. Hockt Euch auf den Boden.

Cyrille
Cyrille

Unter Brücken funktioniert das auch, je nach Grösse. Kurze Unterführungen rocken, wenns von beiden Seiten reinschimmert. Nutz die Pfeiler, um eine weitere Seite zu substrahieren. Kannst dann ganz beiläufig im verschwörerischen Tonfall sagen (wenn Du sowas entdeckt hast und nutzen wirst) « Ooookay, wir machen das jetzt im LICHTTUNNEL ». Hört sich gewaltig professionnel und mächtig nach Technik an 😉 Na ja. Auf jeden Fall besser, als « Wir machen das jetzt unter der Brücke » 😛 Hey, verkauf Dich. Du bist der Pro, der weiss, was er tut. Schlimmstenfalls gibt es ein umwerfendes Lachen. Und das ist das, was Du haben willst, fürs Bild. Volltreffer. Oder etwa nicht ? Na siehste.

Wo wir gerade im Hauseingang oder unter Brücken rumhängen – noch so ein Zauberbegriff :

Hollywood Short Lighting

Altah ! Da weiss aber einer was, da kann einer was ! Chapeau ! Hört sich gewaltig an, kann auch richtig was, wurde in tausenden von Filmen bei romantischen Szenen eingesetzt. Klappt, wenn Du im Hauseingang / im Flur das model so hindrehst, dass es von leicht achtern der kameraentfernten Seite heller angeleuchtet wird, als von der kameranahen Seite, gleichzeitig von der aber einen kleinen Reflex erhält, während zB das kameranahe Ohr schon im Schatten absäuft. Das Kinn ist von vorn hell. Sieht aus, als würde kameraentfernt meine Lieblingssoftbox mit ihren 1,80 x 1,80m (oder die selbstgebastelte Wand mit 4 Metern Fallschirmseide in weiss) und 1200Ws dahinter parken und auf der anderen Seite lediglich ein lütter Aufheller. Die catchlights bei einer solchen Aktion sind der Hammer. Nämlich mitten im Auge. Sowas für Harcourt nachzubauen kostet richtig Zeit.

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Bei Allem : Achte auf Deine Belichtung. Licht von hinten schockiert den in der Kamera eingebauten Belichtungsmesser und macht es hinterher bös duster. Also schaltest auf mittenbetonte oder Spotmessung um. Aber das weisst ja im Schlaf, oder ? Gut. Und wie Du mit dem model umgehen sollst, das hast auch noch nicht vergessen ? Perfekt. Dann wünsch ich erst einmal viel Spass bei bewölktem Wetter. Mach was draus. Wirst über Dich selber staunen.

Das soll es erst einmal gewesen sein. Bewölkter Tag. Gar nicht so schwer, das in den Griff zu bekommen 😉

Melina. Quai de Bourbon, Paris. 2013.
Melina. Quai de Bourbon, Paris. 2013.
Leichte Bewölkung und so gemacht, wie es war ; die Reflexion von unten reichte völlig.

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Wissenshunger ?
Teil II dieser kleinen Serie – bei strahlendem Sonnenschein
Teil III dieser kleinen Serie – Licht am Fenster
Teil IV – Licht sehen
auch irgendwie Licht – Belichtungsmessung
und was ich schon immer über Portraitfotografie wissen wollte. Und vielleicht auch sollte 😉
Portraits noch mal – Kleinkram

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