publié le 24 octobre 2021

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Oude Houthaven en IJdok

In gewisser Hinsicht ist der Prozess des Fotografierens per se immer auch ein Prozess des framing. Der Fotograf entscheidet – zudem vorgegeben durch die Brennweite des Objektivs -, was er im Bild enthalten haben möchte und was lieber draussen bleibt. Dann gibt es Möglichkeiten, das Hauptmotiv selbst zu umrahmen. Dieses « sub-framing » sorgt mit dafür, dass ein Bild entsteht statt nur ein Knips. Weil bewusst etwas gestaltet wird.

You’re Not Moving Cannonballs

Framing ist die Präsentation eines visuellen Objektes in einem Bild über seine Plazierung in Relation zu anderen visuellen Elementen im Bild. Platt über den Daumen meint « framing », das Objekt mit verschiedenen im Bild vorhandenen natürlichen, künstlichen oder mitgebrachten Dingen zu umgeben. Manche sind eine Sache von Glück, die meisten aber abhängig von der Kreativität des Fotografen und seiner Fähigkeit, einen Rahmen auch als solchen zu erkennen und einzusetzen.

Mit Rahmen kannst du beispielsweise

    • deinem Bild eine visuelle Hierarchie geben
    • störende Elemente beseitigen (in dem Rahmen, den wir als « Sucher » kennen) oder in den Hintergrund treten lassen
    • Symmetrie basteln
    • dem Bild Perspektive, Tiefe geben, sogar Vorder-, Mittel- und Hintergrund
    • Grössenverhältnisse und Proportionen darstellen
    • deinem Bild Balance angedeihen lassen
    • visuelles Interesse wecken
    • eine mysteriöse Stimmung erschaffen
    • das Auge des Betrachters führen, eine Hilfe um zu begreifen, um was es eigentlich geht. Vor allem in geschäftigen Szenen. Und das Auge des Betrachters im Bild behalten, wieder zum Hauptmotiv zurückkehren lassen.

Das Schicke an Rahmen ist, dass sie quasi überall vorhanden sind – sie wollen manchmal gerne erst gesucht und erkannt werden. Viele sind offensichtlich. Das macht das framing zu einer einfachen und – ordentlich angewendet – äusserst wirkungsvollen Sache.

Die « Billigen »

Fenster, Türen und Tore, Eingänge und Durchgänge – Einfahrten, Tordurchfahrten, Brücken, Unterführungen (den Lichttunnel und « offene Schatten » hast du noch im Hinterkopf ? Youpi ! Immer fein das Licht analysieren und nutzen 🙂 ) -, Durchblicke zwischen Etagen und Treppen, Mauerelemente, Laubwerk und Äste, Gebüsch, spiegelnde Flächen. Die gefürchteten Bilderrahmenaktionen bei Hochzeiten. Du verstehst.

Port d'Arsenal
Port d’Arsenal et colonne de la Bastille

Hier habe ich schlicht ein Brückenelement als Rahmen genommen. Nicht nur, weil der Himmel so langweilig ist.

Sofa Bir-Hakeim
regarder la Dame de Fer

Noch eine Brücke als Rahmen. Hier – etwas subtiler, aber wir verlängern es automatisch und sehen es daher als Eingrenzung – arbeitet die Lampe mit.

Quai des Tulileries
Quai des Tulileries

Und schon wieder Brücken. Blick aus einer raus, offensichtlich. Dann den Bogen der nächsten, um die Person da festzuhalten. Deren Kontrast zum Dunst macht den Rest. Die Bäume links würden auch gehen, dann allerdings mit offenem Blick nach rechts raus. 

Dimanche au Luco.
Dimanche au Luco.

Der Unterstand, die Bank und die Bäume bauen Rahmen. Kontrast dazu, fertig.

flâneur
flâneur

Die Arkaden der Pl des Vosges sind ebenfalls ein Selbstläufer, wenn es um Rahmen geht. 

Louvre Celliste
Louvre Celliste

Die auf den « zweiten Blick »

Arme, Personen im Anschnitt, Schaukelseile, Gebäude rechts und links. Farben. Der eigene Körper des Models. Haare. Licht. Und Schatten, natürlich. Negative space. Spiegelungen in Scheiben, Pfützen und – wer wäre denn darauf gekommen – Spiegeln 😉 .

crane Zeeburgereiland
crane Zeeburgereiland

Es gibt sie tatsächlich überall. Kran und Latüchten machen Rahmen und liefern auch noch ein klein wenig « Tiefenführung ».

chantier Zeeburgereiland
chantier Zeeburgereiland

Manchmal musst du ein wenig suchen. Die Fenster bieten einen super Rahmen für die Baustelle in der Spiegelung.

Java-eiland
Java-eiland

Haus rechts, Haus links, das Gestell dazwischen und die Treppe unten – da ist der Rahmen

Ste Ambroise
Ste Ambroise

Gebäude rechts und links sind Blickführung und Rahmen.

La Porte

Lichtkegel und Schatten. Keine weiteren Fragen. Negative space mit der Düsternis und schwupps hast du eine Geschichte. Figure-to-ground siehst du ?

Mlle A, Amsterdam

Nackte Arme um die Knie, fertig ist der Rahmen, mit dem der Blick des Betrachters im Bilde festgehalten wird.

Chatelet.

Ich sprach von Spiegelungen. Hier ist eine.

Wacom tablet and pen
Wacom

eingerahmter Stift.

Die « gebauten »

Bei der Studioarbeit mit Menschen gerne genommen : Requisiten a.k.a. props. Mitgebrachte Sachen, grosse Schals, dicke Kapuzen. Vorhandene wie Vorhänge, Flaschen, Gläser, Kerzen. Hintergründe dürfen mit ihren Begrenzungen durchaus gezeigt werden, das muss nicht immer strengst knitterfrei und unendlich sein ; Stative und Stangen sind ziemlich schicke Rahmenkonstruktionen 😉 . Lampen auch, sowohl in Gänze als auch im Anschnitt. Schon einmal unter einem Stuhl oder dessen Rückenlehne durch ein Bild komponiert ? Selbst das Telefon kann ins Bild gehalten werden und « Wand im Vordergrund » sein.

Thais
Thais. Einfach nur Thais. Ohne Zusätze.

Haube und Halsband mit ihren Pailletten, das ganze Federgetüdel des Kostüms, farblich auch noch einigermassen passend – super Rahmen. Schreit förmlich danach 😉

Claire. Paris.
Claire. Paris.

Wand und Türgelöt sehen und die Idee war sofort klar. Dazu noch die Gegenüberstellung (juxtaposition) von abblätternder Farbe und der glatten Haut. Keine zwei Meinungen.

Bonnie and Clyde …
Aus der Serie « Die Schmidts ». Oder so ähnlich.

Die Idee kommt durch, oder ? Figure-to-ground hätte bei ihm besser sein können, bisserle nach seinem rechts rücken und dann hätte das auch gepasst, dass die weisse Fläche im Hintergrund die Person ordentlich einrahmt.

Hier sind andere Sachen am Werke denn Goldener Schnitt und Drittelgedöns ;)
Hier sind andere Sachen am Werke denn Goldener Schnitt und Drittelgedöns 😉

… genau. Gläser als Rahmengebilde, nämlich 😉

Nur aus Gründen der Vollständigkeit, weil es hier und da tatsächlich auftauchen mag : 

Foreground framing

Der « Rahmen » ist im Vordergrund. Quasi alles, wo das Kameraauge durchlugt. Das Objekt des gesteigerten Interesses kommt sozusagen auf der zweiten Ebene.

les tours. La Défense.
les tours. La Défense.

Links vorne ein Turm, rechts vorne ein Turm, die Türme Cœur Défense hinten werden umrahmt. 

phare Kiel
phare Kiel

Einen Schritt zurück und schwupp – menschliche Rahmen im Vordergrund statt nur platt Leuchtturm Kiel gegen Ostsee und schweren Himmel.

Background framing

Der Hintergrund liefert den Rahmen. Ein Waldrand. Eine Häuserwand. Da ist der Blickfang vor.

Lanz
Lanz

Die Halle im Hintergrund muss als Rahmen herhalten.
(Gut, und die Türen vorne sind halt Vordergrundrahmen … 😉 )

Ste Sulpice
Ste Sulpice

Die Säulen der Sainte Sulpice und deren Treppen bilden den Rahmen hinter den beiden da unten. Gleich auch noch zur Einordnung der Dimensionen. Dass die beiden klar voneinander getrennt sind ist kein Zufall. Figure-to-ground.

Wie geschrieben, das dient nur der Vollständigkeit. Vorder- wie Hintergrund dürfen dabei auch gerne einigermassen erkennbar sein, wenn es angebracht erscheint. Den vergammelnden letzten Strohhalm des Gematsches mit aufgerissener Blende überlassen wir lieber Hein Tech und seiner Planlosigkeit 🤔.

Figure-to-ground

Rue Lepic, 18e
Rue Lepic, 18e

Die beiden da in der Mitte. Astrein im Rahmen des weissen Gevierts. Obendrein noch der Kopf des vorderen sich abhebend gegen den anderen, der nicht einmal stört, weil er sich gerade eben umdreht. Manchmal braucht es ein klein wenig Glück. Das weisse Rechteck zu sehen und als Rahmen zu erkennen, das war allerdings kein Glück, das war volle Absicht, da zu warten, bis etwas passiert.

Figure-to-ground : hell gegen dunkel und dunkel gegen hell. Ordentlich abgegrenzt. Dann in einem Rahmen – funktioniert.

lectrice
lectrice

Und manchmal musst du halt selber aktiv werden und was « bauen ». Die wartende Leserin hebt sich nicht nur schön zwischen den beiden Waggons ab, sondern ihr Kopf ist auch hell gegen das Dunkel des Plakates hinter ihr und damit sofort zu finden. Figure-to-ground.

Ein kurzer Hinweis an dieser Stelle auf figure-to-ground : Achte darauf, dass dein umrahmtes Objekt « sauber » in den Rahmen eingesetzt ist. « Sauber » heisst, dass es soweit möglich einigermassen *frei* im Rahmen ist. Insbesondere bei Köpfen wird das relevant. Und auch bei Gegenständen geht das. Hierin unterscheiden sich nämlich die guten Bilder von den anderen. 
Hört sich einfach an, ist auch einfach. Aber wie heisst es so schön ? « Der Unterschied zwischen einem guten und einem herausragenden Bild sind oft nur wenige Zentimeter. » (William Albert ALLARD hat das mal gesagt.) Übung macht es. Nach ausreichend Übung übernimmt die Intuition. 
Zu figure-to-ground werde ich mich noch ausführlicher auslassen ; das ist eines der wirkungsvollsten Mittel in Sachen Bildgestaltung, die es gibt. Wirkt unterbewusst, sorgt für Harmonie und vor allem Klarheit. 

« Hausaufgabe »

Schnapp dir deine Kamera, eine Optik ( eine ! – du hast es hoffentlich noch nicht vergessen ; trainiere so ganz nebenbei « Bildwinkel » 😉 ), raus an die frische Luft und such dir die Rahmen. Nimm dir ein, zwei Varianten pro Ausflug vor und beacker die. Freue dich dabei über das Licht und nutze es bewusst, achte auf figure-to-ground im Rahmen und du hast ausreichend zu tun. Es macht Spass, Entdeckergeist auf grosser Tour. Pass ein wenig auf ein ausgewogenes « Gewicht » von Rahmen zu Hauptobjekt auf und was von beiden die Oberhand hat. Noch etwas für den Hinterkopf : Kontraste helfen immer. Und weniger ist meistens besser.
Sollte ein Wetterchen sein, bei dem selbst der Hund nur widerwillig vor die Tür will, bau dir was auf zum Thema. Das macht auch mächtig Spass und schwupps ! ist der Tag auch schon wieder rum. Solcherlei Trainingseinheiten helfen gewaltig dabei, visuell (und handwerklich) auf Zack zu bleiben. Zeig dem schwarzen Zauberkasten ruhig, *wer* beim Bildermachen Chef ist. 
Guck dir Fotografien von Henri CARTIER-BRESSON an. Bei vielen kratzen sich viele am Kopf, was der Erschaffer denn damit nun sagen will. Klamüser die nach visuellen Mustern auseinander und es kommt das Aha-Erlebnis. Fingerübungen. Hat er viele gemacht. Und er ist beileibe nicht der einzige 😉 . Mache es zu einer Gewohnheit solche Einheiten einzulegen wann immer sich die Gelegenheit bietet.

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